- Unterdurchschnittliche Umsatzentwicklung: Starker Euro bremst im zweiten Quartal vor allem deutsche Autokonzerne
- Einmaleffekte und Handelskonflikte drücken Gewinn
- Volkswagen führt bei Umsatz und Pkw-Absatz, Toyota erzielt höchsten Gewinn
- Margenstärkster Autokonzern der Welt: Suzuki zieht an BMW vorbei
Wien, 21. August 2018. Die Umsätze der 16 führenden Autokonzerne stiegen im ersten Halbjahr 2018 um 3,3 Prozent auf 814,8 Milliarden Euro. Zulegen konnten vor allem französische Hersteller mit einem Plus von 20,1 Prozent – was allerdings zum Teil auf die Übernahme von Opel durch PSA zurückzuführen ist. Die US-amerikanischen (+0,4%) und deutschen (+1,1%) Autokonzerne wuchsen hingegen unterdurchschnittlich.
Für die drei deutschen Autokonzerne, Daimler, BMW und Volkswagen, lief es speziell im zweiten Quartal insgesamt nicht rund: Das Absatzwachstum verlangsamte sich gegenüber dem ersten Quartal von sechs auf vier Prozent, das Umsatzwachstum sank von 1,7 auf 0,6 Prozent und der operative Gewinn der drei Konzerne schrumpfte insgesamt um 17 Prozent, nachdem er im ersten Quartal nur um sechs Prozent zurückgegangen war.
Die Gründe für die schwächere Entwicklung waren zum einen negative Währungseffekte, die zu Umsatzausfällen von 3,8 Milliarden Euro führten. Vor allem drückten Sondereffekte auf den Gewinn: So kostete die Dieselkrise – insbesondere das Bußgeld der Staatsanwaltschaft Braunschweig – den Volkswagenkonzern 1,6 Milliarden Euro und bei Daimler reduzierte die Beilegung des Toll-Collect-Rechtsstreits den Gewinn um gut 400 Millionen Euro. Und schließlich führt auch der amerikanisch-chinesische Handelskonflikt zu Turbulenzen und spürbaren Einbußen: So sorgten die erhöhten Einfuhrtarife für US-Fahrzeuge in den chinesischen Markt für Absatzrückgänge. Zudem führte die Entscheidung der chinesischen Regierung, die Importzölle für Pkw ab Juli von 25 auf 15 Prozent zu verringern, dazu, dass potenzielle Käufer ihre Kaufentscheidung vertagten oder Preisabschläge forderten – mit entsprechenden Folgen für Absatz und Marge im Reich der Mitte.
Obendrein geben die Unternehmen bei den Investitionen weiter kräftig Gas: Die F&E-Ausgaben kletterten um sechs Prozent auf sieben Milliarden Euro, nachdem sie bereits im ersten Quartal um vier Prozent gestiegen waren.
Das sind Ergebnisse einer Analyse der Finanzkennzahlen der 16 größten Autokonzerne der Welt, die die Prüfungs- und Beratungsorganisation EY quartalsweise erstellt.
Japanische überholen deutsche Autobauer beim GewinnBesser als die deutschen Konzerne entwickelten sich im zweiten Quartal vor allem die japanischen Wettbewerber, die ihren Gewinn insgesamt um elf Prozent steigern konnten, sowie die beiden französischen Autobauer, die zusammen sogar auf ein EBIT-Wachstum von 28 Prozent kamen. Deutlich schwächer als für die drei deutschen Konzerne verlief das zweite Quartal hingegen für die US-Konzerne General Motors, Ford und FCA, deren Gesamtgewinn um knapp ein Drittel einbrach.
Immerhin: Volkswagen konnte auch im zweiten Quartal die Position als Umsatz- und Absatzweltmeister verteidigen. Bei der Marge schob sich hingegen diesmal Suzuki vor BMW und sicherte sich die Position als margenstärkster Autokonzern. Beim Gewinn lag Toyota vorn.
„In der ersten Jahreshälfte gab es speziell für die deutschen Autokonzerne Gegenwind, der auch in der zweiten Jahreshälfte anhalten dürfte“, beobachtet Gerhard Schwartz, Partner und Sector Leader Industrial Products bei EY Österreich. „Zum einen kosten die Nachwehen der Dieselkrise weiter Milliarden. Zum anderen führen Währungseffekte zu hohen Einbußen bei Umsatz und Gewinn und auch die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China drücken kräftig auf die Gewinne.“
Aufgrund ihres anders aufgestellten Produktionsnetzwerks und verschiedenen Schwerpunktmärkte blieben die japanischen und französischen Wettbewerber von derartigen Schwierigkeiten weitgehend verschont und konnten kräftige Zuwächse bei Umsatz, Gewinn und Marge verbuchen. Daher wird das Ranking der margenstärksten Autokonzerne der Welt nun auch nicht mehr von deutschen, sondern von einem japanischen Konzern angeführt. So belegt BMW im Margen-Ranking mit 11,4 Prozent (auf Konzernebene) nur noch den zweiten Platz und musste Suzuki (11,8 Prozent) vorbeiziehen lassen.
Ausblick: Schwieriges zweites Halbjahr zu erwartenIm zweiten Halbjahr könnte es auf den weltweiten Automobilmärkten erneut zu größeren Ausschlägen kommen, erwartet Schwartz: „Die weltweite Konjunkturentwicklung ist zwar noch immer gut. Aber wenn der amerikanisch-chinesische Handelskrieg weiter eskaliert, könnte das auf die Konjunkturentwicklung und den Pkw-Absatz in beiden Ländern durchschlagen.“
Bei einigen Unternehmen wird es aufgrund der WLTP-Umstellung zudem zu Engpässen bei der Verfügbarkeit von Fahrzeugen kommen: „Nach einem Absatzwachstum im ersten Halbjahr bestehen für das zweite Halbjahr erhebliche Risiken, die allerdings eher von der mangelnden Verfügbarkeit der Fahrzeuge als von einer sinkenden Nachfrage der Kunden ausgehen.“
„2018 wird sicher kein Rekordjahr“, erwartet Schwartz, „sondern eher ein Jahr des Übergangs, gekennzeichnet durch die weitere Abarbeitung der Dieselkrise, handelspolitische Konflikte und entsprechende Herausforderungen für die Lieferketten der Unternehmen. Gleichzeitig heißt es, jetzt nicht nachzulassen bei der Vorbereitung auf den anstehenden technologischen Wandel.“
Investitionen werden steigen und die Gewinne belasten„Wir werden in den kommenden Jahren weiter steigende Investitionen in die Digitalstrategie, in Elektromobilität und autonomes Fahren sehen – ohne dass dies direkt zu steigenden Umsätzen führen wird. Die Zukunftsinvestitionen müssen aus dem Cash-Flow bezahlt werden, den das traditionelle Geschäft generiert – daher dürften die goldenen Jahre beim Gewinn vorerst vorbei sein“, erwartet Schwartz.
Angesichts der bevorstehenden Neuordnung der Branche seien Konzerne gut beraten, hier weiter aufs Gas zu drücken, so Schwartz: „Technologieführerschaft wird in den kommenden Jahren über Wohl und Wehe der Konzerne entscheiden – denn nur Unternehmen mit zukunftsfähigen Produkten werden den bevorstehenden Ausleseprozess überstehen. Wir werden im kommenden Jahrzehnt dramatische Veränderungen am Markt sehen, angetrieben von den Megatrends Elektrifizierung, Vernetzung und autonomes Fahren. Wer hier tonangebend sein will, muss hohe Summen in die Hand nehmen und die Bereitschaft mitbringen, auch ungewöhnliche Partnerschaften einzugehen.“
EY im ÜberblickEY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2016/2017 einen Umsatz von 131 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt über 250.000 Mitarbeitern der internationalen EY-Organisation betreut EY Kunden überall auf der Welt.EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung sowie Transaktionsberatung und Managementberatung. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at *Der Name EY bezieht sich in diesem Profil auf alle österreichischen Mitgliedsunternehmen von Ernst &Young Global Limited (EYG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Jedes EYG Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.