- Pkw-Absatz in der EU sinkt im Jänner erneut – überdurchschnittlicher Rückgang um zwölf Prozent in Österreich
- Konjunkturabschwung und WLTP-Umstellung bremsen
- Diesel-Marktanteil sinkt weiter – nur in Deutschland ist der Negativtrend gestoppt
- Absatz von Elektroautos steigt deutlich
Wien, 15. Februar 2019. Der europäische Neuwagenmarkt ist schwach ins neue Jahr gestartet – die Neuzulassungen in der EU sanken im Dezember um fünf Prozent. Alle großen Märkte lagen im Minus – zum Teil nur leicht wie in Deutschland, Frankreich und Großbritannien, zum Teil aber auch deutlich wie in Italien und Spanien. Der österreichische Markt entwickelte sich mit einem Absatzrückgang von knapp zwölf Prozent überdurchschnittlich schwach.
Die aktuellen Absatzrückgänge sind laut Gerhard Schwartz, Partner und Sector Leader Industrial Products bei EY Österreich, auf mehrere Faktoren zurückzuführen: „Nach wie vor sehen wir bei einigen Marken WLTP-bedingte Lieferschwierigkeiten, die offenbar langwieriger sind als zunächst erwartet. Wenn diese Zertifizierungs- und Lieferschwierigkeiten allerdings behoben sind, wird es voraussichtlich gegenläufige Aufholeffekte geben, die den Markt leicht stützen können. Auf der anderen Seite haben sich aber die konjunkturellen Aussichten zuletzt deutlich eingetrübt, sodass die generellen Rahmenbedingungen auf dem Neuwagenmarkt längst nicht mehr so günstig sind wie noch vor einem Jahr. In Italien und Großbritannien sind die gewerblichen Neuzulassungen im Jänner beispielsweise um etwa ein Drittel gesunken, was auf eine stark reduzierte Investitionsbereitschaft der Unternehmen schließen lässt.“
Für Verunsicherung sorge zudem der nahende Brexit, so Schwartz: „Der Brexit-Poker wird vermutlich bis unmittelbar vor dem Austrittstermin anhalten – damit steht noch mehr als ein Monat Ungewissheit und Verunsicherung bevor. Ein harter Brexit liegt immer noch im Bereich des Möglichen und dürfte erhebliche wirtschaftliche Turbulenzen zur Folge haben. Das würde auch den Neuwagenmarkt treffen.“
Diesel-Absatz weiter kräftig unter Druck – nur in Deutschland nicht
Auch im Jänner setzte sich der Abwärtstrend beim Absatz von Diesel-Neuwagen fort: Die Neuzulassungen von Diesel-Pkw in den fünf größten EU-Märkten (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien) sanken insgesamt um 19 Prozent, nachdem sie im Jahr 2018 bereits um 19 Prozent eingebrochen waren – der Absturz setzt sich also ungebremst fort. In Österreich sank der Diesel-Absatz im Jänner erneut um 17 Prozent, nach einem Minus von 20 Prozent im Gesamtjahr 2018.
Der Diesel-Marktanteil schrumpfte in den fünf größten Märkten gegenüber Jänner 2018 um 6,6 Prozentpunkte auf 34,1 Prozent, in Österreich um 2,4 Prozentpunkte auf 40,9 Prozent. Massive Absatzrückgänge waren vor allem in Spanien (minus 36%), Italien (minus 31%) und Großbritannien (minus 20%) zu verzeichnen. Gegen den Trend – und erstmals seit Ausbruch der Dieselkrise im Jahr 2015 – konnte der Diesel in Deutschland hingegen im Jänner wieder Marktanteile gewinnen: Die Neuzulassungen von Dieselfahrzeugen stiegen um zwei Prozent, während der Absatz benzinbetriebener Pkw um acht Prozent sank.
„In Deutschland sehen wir seit einigen Monaten eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau, während der Abwärtstrend für den Diesel in anderen Ländern, so auch in Österreich, ungebremst anhält. In Spanien und Großbritannien ist der Diesel-Marktanteil inzwischen sogar unter die 30-Prozent-Marke gesunken“, so Schwartz.
Die sinkende Bedeutung des Diesel-Antriebs habe erhebliche negative Folgen für die CO2-Emissionen der Neuwagenflotte, so Schwartz: „Die sehr ambitionierten Vorgaben der EU werden – wenn überhaupt – nur noch durch einen erheblichen Anstieg der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen zu erreichen sein.“
Absatz von Elektrofahrzeugen steigt im Jänner erneut deutlich
Im Jänner stieg der Absatz von Elektroautos (einschließlich Plug-in-Hybriden) in den Top-5-Märkten um 29 Prozent – in Österreich war hingegen ein Mini-Rückgang von 0,3 Prozent zu verzeichnen. Dieser ist auf einen Einbruch beim Absatz von Plug-in-Hybriden zurückzuführen (minus 45 Prozent), während reine Elektroautos um 26 Prozent zulegten.
Der Marktanteil in den Top-5-Märkten kletterte trotz des zweistelligen Wachstums nur von 1,4 auf 1,9 Prozent, in Österreich stieg er von 2,2 auf 2,5 Prozent. Insgesamt wurden in den fünf Ländern gut 16.000 Elektroautos neu zugelassen, in Österreich 640.
Von den sechs analysierten Absatzmärkten (Top 5 sowie Österreich) weist Frankreich mit 2,7 Prozent den höchsten Marktanteil von Elektrofahrzeugen auf, während in Italien gerade einmal 0,3 Prozent der Neuwagen elektrisch fahren.
„Die Elektromobilität kommt nur langsam voran“, beobachtet Schwartz. „Die Zuwachsraten sind zwar auf den ersten Blick durchaus beeindruckend, in absoluten Zahlen ist das Marktvolumen aber nach wie vor sehr überschaubar. Wir rechnen allerdings mit einer deutlich zunehmenden Dynamik – vor allem im Lauf der kommenden Jahre, wenn auch von den deutschen Herstellern attraktive Elektroautos auf den Markt kommen. Diese neuen Modelle haben das Potenzial, gerade als Dienstwagen achtbare Marktanteile einzufahren.“
Etliche grundsätzliche Probleme verhindern aber bis auf weiteres, dass sich Elektroautos stärker am Markt durchsetzen – abgesehen davon, dass bislang nur relativ wenige attraktive Modelle tatsächlich verfügbar sind: „Die Reichweiten der rein elektrisch betriebenen Autos sind für den Alltagsbetrieb immer noch zu gering, die Ladeinfrastruktur ist nach wie vor unzureichend. Hier werden in den kommenden Jahren noch erhebliche Anstrengungen und Investitionen – etwa in zusätzliche Ladesäulen – nötig sein. Erst wenn tatsächlich eine flächendeckende Ladeinfrastruktur existiert, wird die Hemmschwelle auch bei Privatkäufern sinken“, so Schwartz.
Für die Hersteller stehe viel auf dem Spiel, so Schwartz: „Der derzeitige Absatzboom bei Benzinern lässt das Erreichen der ambitionierten CO2-Ziele in weite Ferne rücken und damit hohe Milliardenstrafen immer wahrscheinlicher werden. Daher haben die Unternehmen ein großes Interesse daran, dass sich Elektroautos schnellstmöglich am Markt durchsetzen. Die Elektromobilität ist also zum Erfolg verdammt – auch wenn die Kosten, Milliardeninvestitionen, deutlich höhere Anschaffungskosten für die Käufer, niedrigere Margen für die Hersteller und zunehmende Abhängigkeit von asiatischen Batterieherstellern – hoch sind.“
EY im Überblick
EY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2017/2018 einen Umsatz von 143 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt rund 270.000 Mitarbeitern der internationalen EY-Organisation betreut EY Kunden überall auf der Welt.
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