EY Unternehmens-Befragung zu Restrukturierung und Krisenbewältigung Fast jeder zweite Betrieb in Österreich stark durch Corona betroffen – Unternehmen gingen vor dem zweiten Lockdown von rascher Erholung aus Umfrage unter 250 österreichischen Führungskräften im Frühherbst 2020 Österreichs Unternehmen blicken überraschend zuversichtlich auf die kommenden Monate – dennoch sieht sich fast jeder zweite Betrieb stark betroffen 44 Prozent der heimischen Führungskräfte sehen ihren Betrieb in zwei Jahren als Krisengewinner – „Die positive Grundstimmung darf keinesfalls zu Fehleinschätzungen bei der Krisenbewältigung führen“ Fast jede zweite Führungskraft erwartet 2020 Umsatzeinbußen für ihr Unternehmen Vertriebs- und Personalkostenoptimierung dominieren auf der To-do-Liste heimischer Manager Wien, 01. Dezember 2020. Knapp die Hälfte (44 %) der österreichischen Unternehmen ist durch die Krise sehr stark oder stark betroffen, wie eine aktuelle Umfrage des Beratungs- und Prüfungsunternehmens EY ergibt. Fast genauso viele (42 %) geben hingegen an, durch die Krise weniger stark betroffen zu sein, nur 13 Prozent sind kaum bzw. gar nicht betroffen. Trotz dieser Einschätzung blicken Österreichs Firmen positiv in die Zukunft: Mehr als die Hälfte (54 %) der Unternehmen ist optimistisch, was die kommenden Monate betrifft – nur etwa jeder Fünfte ist pessimistisch bzw. skeptisch gestimmt (22 %). Auch Unsicherheit ist weit verbreitet – jede vierte Führungskraft (24 %) ist unentschlossen, was die weiteren Entwicklungen im verbleibenden Jahr betrifft. Das sind die Ergebnisse einer Studie des Beratungs- und Prüfungsunternehmens EY, für die im September und Oktober 2020 insgesamt 250 Führungskräfte österreichischer Unternehmen in allen Branchen befragt wurden. „Es ist ein gutes Zeichen für den österreichischen Wirtschaftsstandort, dass so viele Unternehmen trotz der aktuellen Rahmenbedingungen positiv in die Zukunft blicken. Allerdings sollte man sich von der aktuellen Lage, in der es noch viele staatliche Unterstützungsmaßnahmen gibt, auch nicht blenden lassen. Die Realität ist, dass die Krise noch lange nicht vorbei ist – das zeigt auch der zweite Lockdown deutlich. Die positive Grundstimmung darf keinesfalls zu Fehleinschätzungen bei der Krisenbewältigung führen. Wir raten daher Unternehmen, sich für weitere Eventualitäten zu rüsten und in Szenarien zu planen. Insbesondere geht es auch darum, grundlegende strategische Fragestellungen anzugehen“, so Johannes Schneider, Partner bei EY-Parthenon, der Strategieberatung von EY, in Österreich. Viele Unternehmen gingen vor dem zweiten Lockdown von einer raschen Erholung aus Der Großteil der Unternehmen ging zum Befragungszeitpunkt im September/Oktober 2020 davon aus, sich rasch von der aktuellen Krise zu erholen. 50 Prozent waren der Meinung, sich innerhalb eines Jahres erholen zu können, mehr als ein Drittel (38 %) gab an, die Erholungsphase würde ein bis drei Jahre in Anspruch nehmen. Allerdings war sich jede zwölfte Führungskraft (8 %) nicht sicher, ob das Unternehmen wieder auf das Level vor der Krise zurückkehren kann. Langfristig sehen sich Österreichs Unternehmen eher als Krisengewinner: Beinahe die Hälfte (44 %) der Befragten gibt an, dass sie selbst in zwei Jahren besser als vor der Coronakrise dastehen wird. Etwas mehr (47 %) schätzen, dass alles wie vor der Pandemie sein wird, nur neun Prozent sehen sich eher als Krisenverlierer. „Damit der erhoffte Erholungspfad möglich ist und langfristig auch nachhaltiges Wachstum sichergestellt werden kann, müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Hier können wir Unternehmen nur raten, Vorsicht walten zu lassen – denn die Krise ist noch lange nicht überstanden. Gemäß unserer Analyse stehen Österreichs Unternehmen aktuell überwiegend vor Performance-Herausforderungen, manche kämpfen bereits mit Liquiditätsthemen. Diese Gruppe wird jetzt im zweiten Lockdown sicher größer werden – auch Insolvenzen werden sich nach dem Auslaufen der staatlichen Unterstützungen im neuen Jahr nicht mehr vermeiden lassen“, so Klaus Haberfehlner, Partner bei EY-Parthenon in Österreich. Fast die Hälfte der heimischen Unternehmen erwartet Umsatzeinbußen Erwartungsgemäß schlägt sich die bereits einige Monate andauernde Pandemie stark in der Umsatzentwicklung der heimischen Unternehmen nieder. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen (45 %) erwartet für den Zeitraum von August bis Dezember 2020 Umsatzverluste – mehrheitlich im Rahmen von 11 bis 25 Prozent. Bei einer EY-Umfrage im April gingen die Unternehmen von einem Umsatzminus von durchschnittlich 18 Prozent aus. Zumindest gaben aber ebenfalls 46 Prozent der Unternehmen vor dem zweiten Lockdown an, das Umsatzniveau voraussichtlich halten zu können. Nicht einmal jeder Zehnte (9 %) rechnete damit, die Umsätze steigern zu können. „Zuversicht und Optimismus sind unverzichtbare Eigenschaften erfolgreicher Führungskräfte. Gleichzeitig muss immer wieder eine realistische Standortbestimmung erfolgen. Gerade wenn die Umsätze unter Druck geraten, ist es wichtig, sich laufend mit konkreten Maßnahmen zur Krisenbewältigung zu befassen“ so Haberfehlner. Automobilindustrie besonders betroffen, gefolgt von Maschinenbau und Metallerzeugern Besonders betroffen von COVID-19 ist die ohnehin schon stark unter Druck stehende Automobilindustrie. In Österreich sind das neben den Autohändlern speziell auch die Zuliefererbetriebe. Knapp zwei Drittel (61 %) sind sehr stark oder stark von der Coronakrise betroffen, kein einziges der befragten Automobilunternehmen gab an, gar nicht von der Krise betroffen zu sein. „Die Autoindustrie war schon vor der Krise stark gefordert. Umso wichtiger ist es deshalb, dass Automobilhersteller und -händler nicht rein auf strukturerhaltende, sondern auch auf strukturerneuernde Maßnahmen zur Krisenbewältigung setzen. Nur so lassen sich langfristig Werte erhalten und schaffen“, rät Schneider. Neben der Automobilbranche sind auch der Maschinenbau und Metallerzeuger (55 %), Hersteller von Grundstoffen (54 %) sowie Konsumgüterproduzenten (48 %) bzw. Konsumgüterhändler (44 %) sehr stark bzw. stark durch die aktuelle Krise betroffen. „Die hohe Unsicherheit in den Märkten und die europaweit um sich schlagende zweite Pandemie-Welle mit zahlreichen Lockdowns werden die gesamte Situation weiter verschärfen. Wir raten daher allen Unternehmen, sich dauerhaft mit Möglichkeiten zur Unternehmensstabilisierung zu befassen. Jene Geschäftszweige, die weniger betroffen sind, sollten strategische Optimierungsmöglichkeiten nutzen und unter anderem auch nach attraktiven Gelegenheiten auf dem Transaktionsmarkt Ausschau halten. Anorganisches Wachstum in Krisenzeiten ist ein häufig beabsichtigtes Reaktionsmuster. Gleichzeitig taucht hier unweigerlich die Herausforderung des damit einhergehenden Ressourcenbedarfs auf – finanziell, aber mehr noch in Bezug auf Managementverfügbarkeiten. Von der bloßen Absicht zum erfolgreichen Abschluss oder sogar zur Integration ist es ein weiter Weg“, so Haberfehlner. To-do-Liste für Führungskräfte: Vertriebs- und Personalkostenoptimierung führen Maßnahmen zur Vertriebsoptimierung und die Optimierung von Personalkosten sind die beliebtesten Handlungsfelder zur Krisenbewältigung, strategische Überlegungen rangieren im Mittelfeld, Fragen der Liquidität und Refinanzierung eher am Ende. Bei den Personalkosten setzten die Unternehmen bisher auf Maßnahmen wie Konsumation von Zeitguthaben (48 %), wozu beispielsweise Überstunden- oder Urlaubsabbau zählen. Auch die Kurzarbeit (35 %) und ein vorübergehender Aufnahmestopp (24 %) wurden bereits umgesetzt. Für die kommenden sechs bis zwölf Monate haben viele Betriebe Umschulungs- und Qualifikationsmaßnahmen (21 %), einen Aufnahmestopp bzw. Nicht-Nachbesetzung von freigewordenen Stellen (19 %) und die Konsumation von Zeitguthaben (15 %) eingeplant. Die Weiterführung der Kurzarbeit kam zum Befragungszeitpunkt nur für fünf Prozent der Unternehmen in Frage. Nur neun Prozent der Unternehmen haben aktuell bereits Kündigungen ausgesprochen bzw. planen das in Zukunft zu tun. Zur Vertriebsoptimierung soll in den kommenden Monaten ein Mix aus Vertriebsexzellenzförderung wie Neukundengewinnung (31 %), Preisoptimierung (26 %) und verstärkter Kundenkommunikation und -interaktion (24 %) beitragen. „Dass strategische Überlegungen in Anbetracht des Krisenausmaßes erst an fünfter Stelle stehen, ist überraschend. Vor allem bei kleineren Unternehmen wird offensichtlich, dass der strategische Handlungsdruck bei stark betroffenen Betrieben rasant steigt. Mittelgroße Firmen scheinen nach den richtigen Handlungsmustern zu suchen und laufen Gefahr, zu lange nach der optimalen Krisenbewältigungsstrategie zu suchen. Unternehmen mit Umsätzen über 200 Millionen Euro profitieren von ihrer Größe, indem nach Thema und Betroffenheit differenzierte Handlungsmuster möglich werden. In Anbetracht des Krisenausmaßes halten wir auf Unternehmensebene ausgewogene Reaktionsmuster, die neben operativen Maßnahmen insbesondere Überlegungen zur nachhaltigen Transformation beinhalten, für die beste Krisenbewältigungsstrategie“, so Schneider. Unternehmen waren mit den bisherigen Maßnahmen der Regierung zufrieden Zum Zeitpunkt der Befragung im September und Oktober waren 46 Prozent der Unternehmen mit den Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der wirtschaftlichen Konsequenzen der Corona-Pandemie einigermaßen zufrieden, jedes fünfte (20 %) war sogar sehr zufrieden. Nur zwei Prozent gaben an, überhaupt nicht zufrieden zu sein. Auch im Hinblick auf transformative Maßnahmen der Politik in Bezug auf Digitalisierung, Klimawandel und alternative Mobilität zur Neuausrichtung der Wirtschaft zeigt sich Zufriedenheit unter den befragten Führungskräften: 17 Prozent sind sich sicher, es wurde sehr viel unternommen, exakt die Hälfte meint, es wurde einigermaßen viel unternommen. Allerdings ist fast ein Drittel (27 %) der Unternehmen der Meinung, die aktuellen Maßnahmen würden nicht ausreichen.   „Österreichs Führungskräfte zeigen sich mit ihrer Krisenbewältigung bis dato sehr zufrieden, ebenso mit den bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung. Wir regen an, diese Maßnahmen zur Krisenbewältigung auf deren transformativen Charakter zu prüfen und diesen zu forcieren – sowohl auf Unternehmens- als auch auf staatlicher Ebene“, schließt Schneider. EY im Überblick EY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt über 1.000 Mitarbeiter an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2019/2020 einen Umsatz von 157 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt rund 300.000 Mitarbeitern der internationalen EY-Organisation betreut EY Kunden überall auf der Welt. EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Rechtsberatung sowie Transaktionsberatung und Managementberatung. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at   *Der Name EY bezieht sich in diesem Profil auf alle österreichischen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Jedes EYG Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.