- 77 Prozent der Mittelständler haben digitale Technologien bereits in ihr Geschäftsmodell integriert – vier Prozentpunkte mehr als im Vorjahr
- Digitale Vorreiter sind erfolgreicher und erwarten stärkeres Wachstum
- Digitale Zweiklassengesellschaft: Große Unternehmen treiben Digitalisierung deutlich stärker als kleine Betriebe – Digitalisierungsschub in Folge der Coronakrise auch bei kleineren Unternehmen erwartet
- Begrenzte finanzielle Möglichkeiten und fehlendes Personal sind weiterhin größte Hemmschuhe
- Digitales Österreich: gute Noten für Standort, aber Mangel an qualifiziertem Personal
- Wien und Tirol sind Digitalisierungs-Hotspots
Wien, 29. Juni 2020. Die letzten drei Monate haben in vielen Unternehmen für einen Digitalisierungsschub gesorgt. Homeoffice, virtuelle Zusammenarbeit, digitaler Vertrieb – alles Herausforderungen, auf die Unternehmen schnell reagieren mussten. Schon vor der Coronakrise war der digitale Wandel in heimischen Unternehmen stark auf dem Vormarsch. Bei 77 Prozent der mittelständischen Betriebe – das sind vier Prozentpunkte mehr als im Vorjahr (73 %) – spielen digitale Technologien für das eigene Geschäftsmodell mittlerweile eine (sehr) große Rolle. 2018 war das erst bei 56 Prozent der Fall. Nur mehr drei Prozent (2019: 6 %) klammern die Digitalisierung aus ihrem Unternehmenskonzept aus und schreiben ihr keine Bedeutung zu – 2018 waren es noch 20 Prozent. Damit setzen österreichische Unternehmen bereits deutlich stärker auf digitale Technologien als Betriebe in Deutschland (68 %).
Die Integration von neuen Technologien in das Geschäftsmodell zahlt sich für die heimischen Unternehmen aus: 70 Prozent sahen bereits vor Corona die digitale Transformation als Chance, 17 Prozent davon ohne Vorbehalte.
Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY, für die 900 Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeitern in Österreich befragt wurden.
„Immer mehr österreichische Unternehmen integrieren digitale Technologien in ihre Geschäftsmodelle. Das zahlt sich eindeutig aus und bringt gerade in der aktuellen Situation einen klaren Vorsprung. Die digitalen Vorreiter können deutlich schneller und flexibler agieren, wie nicht zuletzt der Lockdown in Folge der Coronakrise gezeigt hat. Omnichannel-Anbieter sind hier mehr denn je auf der Überholspur. Die österreichische Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren eine gute Position auf dem Weg des digitalen Wandels erarbeitet. Der aktuelle Digitalisierungsschub in Folge von COVID-19 muss genutzt werden, um die Vorteile digitaler Technologien noch konsequenter in den Mittelpunkt der Strategie zu stellen“, so Gunther Reimoser, Country Managing Partner bei EY Österreich.
Digitale Zweiklassengesellschaft in Österreich festigt sich – Coronakrise als „Lückenschließer“?Allerdings steht Österreichs Wirtschaft nach wie vor am digitalen Scheideweg. Die Lücke zwischen großen und kleineren Unternehmen hat sich noch nicht merklich verringert: Während jedes zweite Unternehmen mit Jahresumsätzen von mehr als 100 Millionen Euro (46 %) digitalen Technologien eine sehr große Rolle für das eigene Geschäftsmodell zuschreibt, ist es bei kleineren Unternehmen (Jahresumsatz unter 30 Millionen Euro) nicht einmal ein Viertel (23 %). Dementsprechend ist auch ein Optimismus-Gefälle abhängig von der Betriebsgröße erkennbar: Während jedes zweite Großunternehmen (51 %) digitale Technologien als Chance sieht, sind kleinere Unternehmen deutlich skeptischer (15 %).
„Die digitale Zweiklassengesellschaft hat sich im letzten Jahr weiter gefestigt. Es ist für Unternehmen und die gesamte Wirtschaft gefährlich, wenn der digitale Wandel als eine Frage der Unternehmensgröße gesehen wird. Kleinere Unternehmen dürfen nicht auf der Strecke bleiben und müssen den digitalen Sprung wagen, bevor die großen Konkurrenten so weit davonziehen, dass ein Mithalten nur schwer möglich wird. Ausgerechnet die Coronakrise könnte hier allerdings zum Lückenschließer werden. Auch wenn es in Anbetracht dieser historischen Krisensituation schwer fällt, die positiven Auswirkungen herauszustreichen: Gerade für kleinere Unternehmen war der Lockdown nahezu ein Digitalisierungsboost, der in den nächsten Monaten gerade bei KMUs zu einem digitalen Richtungswechsel führen wird. Nicht zuletzt das Damoklesschwert eines potenziellen neuerlichen Lockdowns treibt die Digitalisierungsagenden in hohem Tempo voran“, kommentiert Axel Preiss, Leiter der Unternehmensberatung bei EY Österreich.
Fachkräftemangel und fehlende Finanzmittel hemmen DigitalisierungGeht man vom Normalbetrieb vor dem Ausbruch der Coronakrise aus, verursacht der Fachkräftemangel nicht nur Umsatzeinbußen, sondern bremst auch die Digitalisierung. Den mittelständischen Unternehmen fällt es zunehmend schwerer, geeignete Fachkräfte zu finden: 15 Prozent – und damit mehr als 2019 (12 %) – der Unternehmen sehen den Mangel an qualifiziertem Personal als Hemmschuh für die Implementierung digitaler Technologien. Stärker bremsen nur fehlende finanzielle Mittel (17 %, 2019: 12 %).
„Neue Geschäftsmodelle brauchen neue Kompetenzen. Österreichs Unternehmen müssen diese Kompetenzen rasch auf- und ausbauen. Da die nachgefragten digitalen Fähigkeiten momentan nicht ausreichend am Arbeitsmarkt oder in der eigenen Belegschaft zu finden sind, müssen viele heimische Betriebe ihr Tempo drosseln oder Abstriche machen. Ohne geeignetes Personal können viele Unternehmen nicht so stark in Zukunftstechnologien investieren, wie sie gerne würden. Daher ist es auch essenziell, Schlüsselarbeitskräfte in der aktuellen Situation an Bord zu halten und jetzt gezielt auf Digitalisierung zu setzen“, so Reimoser.
Digitales Österreich: gute Noten für Standort, aber Mangel an qualifiziertem PersonalDie heimischen Unternehmen sind aktuell mit der Standortpolitik in Österreich zufrieden. Zwei Drittel (62 %) der Unternehmen bewerten die Standortpolitik als positiv, im Vorjahr waren es 60 Prozent. Gute Noten gibt es auch für die Rahmenbedingungen für digitale Transformation: 62 Prozent beurteilen den digitalen Standort Österreich positiv – ein Plus von sechs Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr (56 %).
Vor allem die Leistungsfähigkeit der digitalen Infrastruktur – also der Zugang zu hohen Bandbreiten – wird von mehr als zwei Dritteln (68 %) positiv bewertet. Mit den Kooperationspartnern vor Ort sind 55 Prozent zufrieden.
„Die digitale Infrastruktur in Österreich ist absolut wettbewerbsfähig. Allerdings braucht die zunehmende digitale Vernetzung von Menschen und Maschinen, eine laufende Weiterentwicklung des Netzes, insbesondere durch den Glasfaserausbau und das Forcieren von 5G. Es ist positiv, dass sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt hat, Österreich zu einem 5G-Vorreiter zu machen. Da 5G die Grundlage für zahlreiche technologische Weiterentwicklungen wie beispielsweise in den Bereichen Internet of Things oder Autonomes Fahren ist, hängt die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs maßgeblich davon ab, diese Pläne konsequent weiterzuverfolgen und umzusetzen. Nach der Coronakrise mehr denn je“, so Reimoser.
Die Verfügbarkeit von Fachkräften mit digitalen Kompetenzen am Standort Österreich ist hingegen eine Baustelle: Nur 26 Prozent finden ausreichend qualifizierte Mitarbeiter, fast die Hälfte (45 %) nicht. Am stärksten spüren das Unternehmen im Westen Österreichs: Der Mangel an qualifiziertem Personal für Digitalisierungspläne ist in Vorarlberg (56 %) und Tirol (49 %) besonders groß. In Wien hingegen haben nur 24 Prozent der Unternehmen dieses Problem.
Wien und Tirol sind Hotspots der Digitalisierung Im Bundesländer-Ranking liegen Unternehmen mit Sitz in Wien auch 2020 wieder vorne: 37 Prozent der Unternehmen in der Hauptstadt geben an, dass die Digitalisierung bereits jetzt sehr wichtig für das eigene Geschäftsmodell ist, für 43 Prozent ist sie wichtig. Auch in Tirol (36 % sehr wichtig, 45 % wichtig) und Salzburg (32 % sehr wichtig, 52 % wichtig) setzen Unternehmen bereits stark auf digitale Technologien. Am wenigsten verbreitet sind digitale Technologien bei Unternehmen im Burgenland (18 % sehr wichtig, 47 % wichtig) und Niederösterreich (18 % sehr wichtig, 65 % wichtig).
Kundenbeziehungen werden immer digitaler – Mobile stark auf dem VormarschFür viele Unternehmen sind digitale Technologien ein fixer Bestandteil und fest im Produktionsprozess verankert. Speziell die Kundenbeziehungen werden immer stärker digital organisiert – und das auch schon vor dem Ausbruch der Coronakrise: 88 Prozent der heimischen Unternehmen nutzen digitale Technologien dafür – etwas mehr als 2019 (87 %) und deutlich mehr als 2018 (76 %). Auch der Einsatz von mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets ist stark auf dem Vormarsch: 94 Prozent der heimischen Unternehmen setzen auf Mobile – dieser Anteil ist im Vergleich zu 2019 (91 %) und 2018 (62 %) stark gestiegen.
„Nicht nur im privaten Bereich haben digitale Helfer Einzug gehalten. Die digitale Transformation hat auch Veränderungen für heimische Unternehmen zur Folge: In der Produktion und Industrie können sie schneller und effizienter arbeiten, im Dienstleistungsbereich ist der direkte Draht zum Kunden und der Aufbau eines breiten Netzwerkes möglich. Verschiedenste technologische Anwendungen werden verknüpft – so werden kurzfristig nicht nur Zeit, sondern langfristig auch Ausgaben eingespart“, so Preiss abschließend.
EY im ÜberblickEY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt über 1.000 Mitarbeiter an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2018/2019 einen Umsatz von 160 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt über 284.000 Mitarbeitern der internationalen EY-Organisation betreut EY Kunden überall auf der Welt.EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung sowie Transaktionsberatung und Managementberatung. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at *Der Name EY bezieht sich in diesem Profil auf alle österreichischen Mitgliedsunternehmen von Ernst &Young Global Limited (EYG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Jedes EYG Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.