- Fast jedes dritte mittelständische Unternehmen in Österreich will in den nächsten sechs Monaten zusätzliche Stellen schaffen
- Fachkräftemangel momentan größtes Risiko – 83 Prozent haben Probleme bei Suche nach Mitarbeitern
- Vier von zehn österreichischen Unternehmen verlieren Umsätze aufgrund des Fachkräftemangels – Immobilienbranche am stärksten betroffen
- Jedes fünfte Unternehmen beschäftigt bereits Flüchtlinge – mangelnde Deutschkenntnisse sind größte Hürde
- Unternehmen in Vorarlberg, Oberösterreich und der Steiermark haben größte Probleme bei der Rekrutierung von Fachkräften; in Immobilien- und Industrieunternehmen gibt es die meisten unbesetzten Stellen
- Österreichs Mittelstand sieht Arbeitszeitflexibilisierung positiv
Wien, 12. März 2019. Der Fachkräftemangel wird für den österreichischen Mittelstand immer bedrohlicher und dämpft das Wachstum massiv. Für die heimischen Unternehmen sind Schwierigkeiten bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern aktuell bei Weitem das größte Risiko – und eines, das sich immer weiter verschärft: Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Anteil jener Unternehmen, die den Fachkräftemangel als Gefahr für die Entwicklung des eigenen Betriebs sehen, von 59 auf ganze 69 Prozent an.
Den Unternehmen fällt es weiterhin schwer, geeignete Fachkräfte zu finden: Der Anteil der Betriebe, die laut eigener Aussage große Probleme bei der Rekrutierung von Fachkräften haben, liegt seit 2018 gleichbleibend bei 30 Prozent – 2015 waren es noch 15 Prozent. Weitere 53 Prozent geben an, dass ihnen die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern „eher schwer“ fällt.
Das sind Ergebnisse der Studie „Fachkräftemangel im österreichischen Mittelstand“ der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY. Dafür wurden österreichweit 900 mittelständische Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeitern befragt.
Das Niveau der neu geschaffenen Planstellen bleibt gleichzeitig fast unverändert hoch: 32 Prozent planen, im ersten Halbjahr 2019 ihre Belegschaft aufzustocken – im Jänner 2018 waren es 35 Prozent. In Wien geben sogar 45 Prozent der Unternehmen an, dass ihre Mitarbeiterzahl steigen wird. Österreichweit gehen lediglich sechs Prozent davon aus, dass ihre Mitarbeiterzahl sinken wird.
„Die Wirtschaft boomt weiterhin, die Konsumbereitschaft ist groß und die österreichischen Unternehmen haben volle Auftragsbücher. Die Zeichen für 2019 stehen wie auch 2018 auf Wachstum“, kommentiert Erich Lehner, Managing Partner Markets bei EY Österreich und verantwortlich für den Bereich Mittelstand. „Allerdings setzt die Situation auf dem Arbeitsmarkt dem Wachstum Grenzen. Regional herrscht in Österreich teilweise Vollbeschäftigung, gut ausgebildete Fachkräfte können sich ihren Arbeitgeber längst aussuchen. Gerade kleinere Unternehmen, die mit bekannteren, börsennotierten Unternehmen um Arbeitskräfte buhlen, können dadurch Stellen oft nur mühsam oder gar nicht besetzen.“
Fachkräftemangel verursacht bei vier von zehn Unternehmen UmsatzeinbußenDer leergefegte Arbeitsmarkt macht nicht nur den Personalabteilungen zu schaffen – er kostet die Unternehmen insgesamt viel Geld. Vier von zehn Unternehmen (40 %) aus dem Mittelstand beklagen Umsatzeinbußen aufgrund des Fachkräftemangels. Fünf Prozent verlieren durch den Fachkräftemangel gar mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes. Besonders gravierend sind die Folgen des Fachkräftemangels in der Immobilienbranche und im Bereich Transport und Verkehr: 16 Prozent der heimischen Immobilien- und 15 Prozent der Transportunternehmen büßen mehr als fünf Prozent Umsatz ein, je weitere 41 Prozent bis zu fünf Prozent.
Jeder fünfte Betrieb beschäftigt Flüchtlinge – Bleiberecht für Asylwerber in Lehre gefordertBereits 19 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Österreich beschäftigen asylberechtigte Flüchtlinge, weitere 42 Prozent würden Flüchtlinge beschäftigen. In Vorarlberg sind es derzeit sogar 44 Prozent der Unternehmen, die aktuell Stellen mit Flüchtlingen besetzt haben – gefolgt von Tirol (22 %), Oberösterreich (21 %) sowie Wien und Salzburg (je 20 %), wo rund jedes fünfte Unternehmen Flüchtlinge unter seinen Beschäftigten zählt. Der Süden Österreichs hat den geringsten Anteil: Nur in sieben Prozent der steirischen und elf Prozent der Kärntner Betriebe arbeiten Flüchtlinge. Im Gesundheitsbereich beschäftigt ein Drittel der Mittelständler (32 %) Flüchtlinge, im Tourismus ein Viertel (26 %).
„Dementsprechend befürwortet auch eine große Mehrheit der mittelständischen Betriebe Lehrstellen für Asylwerber: 52 Prozent sagen ja, 25 eher ja. Ebenso positiv gesehen wird ein Bleiberecht für Asylweber mit Lehrstellen – insgesamt 70 Prozent stimmen diesem zu“, analysiert Lehner.
Als größte Hürden für die Einstellung von Flüchtlingen sehen die Unternehmen mangelnde Deutschkenntnisse (80 %), die unklare Rechtslage während laufender Asylverfahren (54 %), mangelnde Qualifikationen (49 %) und fehlende Planungssicherheit (47 %).
Probleme in allen Bundesländern – schwierigste Lage bei Immobilien und IndustrieProbleme bei der Fachkräftesuche haben Unternehmen in ganz Österreich – unabhängig vom Bundesland. Allerdings zeigt sich ein regionales Gefälle: Während die Situation in den östlichen Bundesländern noch vergleichsweise gut ist, kämpfen der Westen und Süden Österreichs mit den größten Problemen. Am kritischsten ist der Fachkräftemangel momentan bei Unternehmen in Vorarlberg (35 % haben „große“, 57 % „eher große“ Probleme), Oberösterreich (42 % bzw. 48 %) und in der Steiermark (32 % bzw. 56 %). Am besten ist die Situation noch in Wien – allerdings klagen im bevölkerungsreichsten Bundesland immer noch 17 Prozent über „große“ und weitere 53 Prozent über „eher große“ Schwierigkeiten bei der Fachkräfterekrutierung.
Zahlreiche Firmen müssen deswegen Stellen unbesetzt lassen. Das betrifft insbesondere die Produktion: Jedes vierte Unternehmen (24 %) lässt in diesem Bereich Positionen unbesetzt. Im Marketing oder Vertrieb müssen immerhin noch 14 Prozent der Unternehmen Stellen offenlassen und Positionen im Bereich IT/EDV bleiben bei zwölf Prozent der Betriebe unbesetzt.
„Es gibt innerhalb Österreichs keine Branche und keinen Ort mehr, der vom Fachkräftemangel verschont bleibt“, beobachtet Lehner. „Die Unternehmen müssen erfinderischer werden, um wirklich auch jedes Potenzial zu nutzen.“
Besonders in der Immobilienbranche (93 %) sowie in Industrieunternehmen (90 %) macht sich der Fachkräftemangel bemerkbar: Dort fällt es jeweils neun von zehn Unternehmen eher oder sehr schwer, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Parallel führt dies bereits bei 57 Prozent der Immobilienunternehmen zu Umsatzeinbußen. Auch 48 Prozent der Tourismusunternehmen klagen über Umsatzeinbußen. „Die Branchen, die besonders stark von der guten konjunkturellen Entwicklung profitieren, haben auch besonders große Probleme mit dem eigenen Wachstum Schritt zu halten“, so Lehner.
Mittelstand befürwortet Gesetz zur ArbeitszeitflexibilisierungRund jedes vierte mittelständische Unternehmen (24 %) in Österreich sieht die neue Gesetzgebung zur Arbeitszeitflexibilisierung uneingeschränkt positiv, weitere 26 Prozent bewerten sie als eher positiv. Gleichzeitig stehen ihr nur zehn Prozent der befragten Unternehmen kritisch gegenüber. Besonders positiv bewertet wird sie in der Immobilien- (29 %) und Dienstleitungsbranche (28 %). Bei Unternehmen mit Umsätzen über 100 Millionen Euro sehen sogar 36 Prozent die Flexibilisierung ausgesprochen positiv.
„Die mittelständischen Betriebe in Österreich, insbesondere die größeren mit mehr als 100 Millionen Euro Umsatz, befürworten das kürzlich verabschiedete Gesetz zur Arbeitszeitflexibilisierung grundsätzlich: Jeder Zweite sieht dieses positiv, nur jeder Zehnte lehnt es ab. Allerdings sind die Auswirkungen in den Betrieben überschaubar: Drei Viertel der Betriebe werden keine Änderungen durchführen. 16 Prozent planen die Arbeitszeiten bei Spitzen auszuweiten, zehn Prozent eine generelle Flexibilisierung der Arbeit“, so Lehner abschließend.
EY im ÜberblickEY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2017/2018 einen Umsatz von 143 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt rund 270.000 Mitarbeitern der internationalen EY-Organisation betreut EY Kunden überall auf der Welt.EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung sowie Transaktionsberatung und Managementberatung. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at *Der Name EY bezieht sich in diesem Profil auf alle österreichischen Mitgliedsunternehmen von Ernst &Young Global Limited (EYG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Jedes EYG Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.