- Weltweites Emissionsvolumen steigt im dritten Quartal 2020 auf höchsten Stand seit 20 Jahren
- Stärkster Anstieg in den USA und China, auch Europa holt auf
- Positives IPO-Momentum, aber US-Wahl, Pandemie, Brexit und Sorge vor Blase beeinflussen das IPO-Sentiment im Jahresendspurt
- Boom an Wiener Börse bei Anleihen-Listings
Wien, 07.10.2020. Nach einem schwachen ersten Halbjahr boomt nun der weltweite IPO-Markt: Die Börsen weltweit verzeichneten in den vergangenen drei Monaten mit 447 Börsengängen und einem Emissionsvolumen von insgesamt 95,0 Milliarden US-Dollar das stärkste dritte Quartal seit 20 Jahren. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl der IPOs um 78 Prozent, das Emissionsvolumen hat sich sogar mehr als verdoppelt (plus 138 %).
Traditionell ist das dritte Quartal eine eher ruhige Phase für Börsengänge. In diesem Jahr, in dem aufgrund der Corona-Krise im ersten Halbjahr zahlreiche IPOs verschoben wurden und in dem die Märkte von Liquidität überflutet werden, haben die Aktienmärkte Rekordhochs erreicht – und auch die IPO-Märkte erwiesen sich als außergewöhnlich aktiv. Besonders stark entwickelten sich der US-Markt und China: In China (einschließlich Hong Kong) wuchs das Emissionsvolumen um 139 Prozent auf 46,4 Milliarden US-Dollar, die Zahl der Transaktionen kletterte von 86 auf 217 – ein Anstieg um 152 Prozent.
In den USA hat sich die Zahl der IPOs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 38 auf 85 mehr als verdoppelt, das Emissionsvolumen hat sich von 11,7 auf 33,1 Milliarden US-Dollar sogar fast verdreifacht.
Das sind Ergebnisse des aktuellen weltweiten IPO-Barometers der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY.
„In diesem Jahr ist alles anders“ fasst Gerhard Schwartz, Partner und Leiter des Assurance-Bereichs bei EY Österreich, die Situation zusammen. „Ausgerechnet das traditionell schwache dritte Quartal erweist sich nun als das stärkste des bisherigen Jahresverlaufs.“
Auch in Europa stieg die Zahl der Börsengänge – allerdings weniger stark als in den anderen wichtigen IPO-Märkten: Das Emissionsvolumen kletterte um 51 Prozent auf 6,2 Milliarden US-Dollar, die Zahl der IPOs wuchs um 56 Prozent auf 39.
Technologie-Unternehmen im FokusAngetrieben wurde das IPO-Geschehen von großen und prominenten Transaktionen in der Technologie- und der Gesundheits-Branche: 38 Prozent des weltweiten Emissionsvolumens – das entspricht 36 Milliarden US-Dollar – entfielen auf Technologie-Börsengänge, 18 Prozent (17 Milliarden US-Dollar) auf Healthcare-Unternehmen. Die weltweit größte Transaktion im dritten Quartal war der Börsengang des chinesischen Chip-Herstellers Semiconductor Manufacturing International, der 7,5 Milliarden US-Dollar einbrachte, gefolgt vom US-Software-Unternehmen Snowflake (3,9 Milliarden US-Dollar) und dem chinesischen Immobilienunternehmen KE Holdings (2,4 Milliarden US-Dollar). Nur einer der Top-10-Börsengänge fand in Europa statt – die britische The Hut Group, ein E-Commerce-Anbieter, erlöste bei ihrem IPO insgesamt 2,4 Milliarden US-Dollar. „Die Corona-Krise verstärkt den Digitalisierungstrend – gerade Unternehmen, deren Geschäftsmodelle einen Bezug zur digitalen Transformation der Wirtschaft haben, sind derzeit besonders gefragt und können eine überzeugende Equity Story vorweisen“, sagt Schwartz.
Ausblick: Chancen auf eine Jahresendrally – aber auch zunehmende RisikenFür eine Jahresendrally auf dem weltweiten IPO-Markt sprechen nach Schwartz Einschätzung das positive Momentum aus dem dritten Quartal, die hohe Liquidität im Markt und das hohe Bewertungsniveau – verbunden mit einer relativ niedrigen Volatilität. Zudem gebe es weiterhin auf Investorenseite einen erheblichen Anlagedruck. Andererseits sieht Schwartz auch Risiken: „Das vierte Quartal und der Beginn des kommenden Jahres werden auch geprägt sein von den Risiken potenziell steigender Infektionszahlen und von den anhaltenden Spannungen zwischen China und den USA. Hinzu kommen als Unsicherheitsfaktoren der Brexit und die bevorstehenden US-Wahlen.“
Wenn die Volatilität wieder steige, müssen Börsenkandidaten sich darauf einstellen, dass das IPO-Fenster sich schnell öffne und wieder schließe, mahnt Schwartz. “Die Planung eines Börsengangs ist in diesen Zeiten eine echte Herausforderung. Umso wichtiger ist es, flexibel zu sein und immer auch einen Finanzierungsplan B oder einen alternativen Weg an die Börse in der Schublade zu haben.“
Auf globaler Ebene führe die Diskrepanz zwischen der schwachen konjunkturellen Entwicklung einerseits und den hohen Börsenbewertungen andererseits bei den Anlegern zu Befürchtungen, dass sich am Horizont eine Blase abzeichne, meint Schwartz: „Das kann zu weiteren Reaktionen in einem schon jetzt turbulenten Börsenjahr führen.“
In Österreich zwei Kapitalerhöhungen und Boom bei Anleihen-ListingsAktienseitig holten sich 2020 bislang zwei Unternehmen frisches Kapital an der Wiener Börse: Es gab Kapitalerhöhungen bei Immofinanz AG (171,6 Mio. EUR) und S Immo AG (148,9 Mio. EUR). Bei den Anleihen steuert die Wiener Börse auf ein Rekordjahr zu. Per Ende September sind bereits mehr als 1.900 Anleihen mit einem Gesamtvolumen von rund 112 Milliarden EUR gelistet. 78 Prozent der Anleihen wurden von ausländischen Emittenten begeben. Damit avanciert Wien zu einem der schnellst wachsenden Börsenplätze für Anleihen-Emittenten in Europa.
EY im ÜberblickEY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt über 1.000 Mitarbeiter an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2018/2019 einen Umsatz von 160 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt rund 280.000 Mitarbeitern der internationalen EY-Organisation betreut EY Kunden überall auf der Welt.EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung sowie Transaktionsberatung und Managementberatung. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at *Der Name EY bezieht sich in diesem Profil auf alle österreichischen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Jedes EYG Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.