- Umsatz der 17 größten Autokonzerne der Welt sinkt um neun Prozent, Gewinn um 58 Prozent und Absatz um 21 Prozent
- Mehr Liquidität: Cash-Reserven steigen im Verlauf des ersten Quartals um 13 Prozent
- Massive Überkapazitäten: Konsolidierung wird sich beschleunigen
Wien, 11. Juni 2020. Geschlossene Autohäuser, stillstehende Fabriken, Absatzeinbrüche rund um den Globus: Die Autoindustrie ist im ersten Quartal in eine tiefe Krise geraten. Der Gesamtgewinn der 17 größten Autokonzerne der Welt schrumpfte um 58 Prozent auf 7,5 Milliarden Euro und damit auf den niedrigsten Stand seit 2009. Der Umsatz ging um neun Prozent zurück, die Zahl der verkauften Neuwagen sank sogar um 21 Prozent.
Immerhin: Bei der Bewältigung der Krise können die Autokonzerne auf ein großes Finanzpolster zurückgreifen. Zum Ende des ersten Quartals verfügten die größten Autokonzerne der Welt über liquide Mittel in Höhe von 207 Milliarden Euro – 13 Prozent mehr als drei Monate zuvor. Die höchste Liquidität wies Toyota mit knapp 35 Milliarden Euro aus, gefolgt von Volkswagen mit knapp 28,5 Milliarden Euro und General Motors mit 24,4 Milliarden Euro.
Das sind Ergebnisse einer Analyse der Finanzkennzahlen der 17 größten Autokonzerne der Welt, die die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY quartalsweise erstellt.
Die Zahlen zum ersten Quartal zeigen längst noch nicht das gesamte Ausmaß der Krise, betont Gerhard Schwartz, Leiter des Bereichs Industrial Products bei EY Österreich: „Im ersten Quartal haben wir nur die anfänglichen Auswirkungen der weltweiten COVID-19-Pandemie gesehen. Das zweite Quartal wird noch sehr viel schlechter ausfallen. Dann wird die Autoindustrie weltweit tief in die roten Zahlen rutschen.“ Vier Unternehmen wiesen schon zum Jahresauftakt ein negatives operatives Ergebnis aus, im zweiten Quartal wird nach Einschätzung von Schwartz sogar die Mehrzahl der Konzerne Verluste machen. „Gerade Unternehmen, die vor allem auf dem europäischen Markt engagiert sind, wird es im zweiten Quartal hart treffen, denn hier war der Absturz besonders massiv.“
Krise beschleunigt Konsolidierung und StellenabbauDie derzeitige Krise verstärkt einen Abwärtstrend, der sich schon länger abzeichnete: Bereits im vergangenen Jahr waren die Gewinne der Autokonzerne deutlich zurückgegangen – insgesamt um 13 Prozent. Die Profitabilität war auf den niedrigsten Stand seit 2009 gesunken. „Die Margen waren schon vor der Corona-Krise stark unter Druck“, beobachtet Schwartz. Der Grund waren hohe Investitionen in die Elektrifizierung und Digitalisierung, Handelsstreitigkeiten und eine schwache Konjunkturentwicklung. „Nun steht der Branche eine lange Durststrecke bevor. Denn die massiven konjunkturellen Folgen der weltweiten Eindämmungsmaßnahmen führen zu steigenden Arbeitslosenzahlen, Unternehmensinsolvenzen, Sparmaßnahmen bei Unternehmen und Einkommensverlusten bei Privatleuten.“
Daher komme jetzt alles auf den Prüfstand, ergänzt Schwartz: „Investitionen, die nicht unbedingt nötig sind, werden verschoben. Und die Konsolidierung beschleunigt sich – diese Krise werden nicht alle Autohersteller überleben.“ Die übrigen Konzerne würden näher zusammenrücken und sehr viel enger zusammenarbeiten als bisher.
Auch an Werkschließungen führe kein Weg vorbei, betont Schwartz: „Die Autoindustrie litt schon vor Corona unter hohen Überkapazitäten – spätestens jetzt gibt es keinen Grund mehr, Kapazitäten vorzuhalten, die auf absehbare Zeit nicht gebraucht werden und massiv die Margen belasten.“ Entsprechend rechnet er mit Arbeitsplatzverlusten im großen Stil: „Die Pandemie führt dazu, dass eine Entwicklung, die für das kommende Jahrzehnt prognostiziert war, nun im Zeitraffer stattfindet.“
Umso wichtiger sei es, so Schwartz, dass nun – etwa durch das Konjunkturpaket der Bundesregierung – die Weichen richtiggestellt würden, damit Investitionen in Zukunftstechnologien gefördert und somit die Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit der Autoindustrie trotz der Krise gestärkt werden.
Entwicklung in China macht HoffnungDie stärksten Einbußen wurden im ersten Quartal in China registriert: Dort brach der Pkw-Absatz um 38 Prozent ein. In Westeuropa schrumpften die Verkäufe um 28 Prozent, in den USA um 15 Prozent. Die bisher vorliegenden Zahlen zum laufenden zweiten Quartal zeigen aber, dass sich die Situation in China erstaunlich rasch normalisiert hat: Im April lag der Absatz nur noch leicht unter dem Vorjahresniveau, im Mai sogar darüber.
Gerade die deutschen Autokonzerne dürften von der Markterholung in China profitieren: Mehr als jedes dritte Fahrzeug aus der Produktion der deutschen Autokonzerne wurde im vergangenen Jahr in China verkauft.
BMW im ersten Quartal mit höchster MargeBMW war im ersten Quartal der profitabelste Autokonzern der Welt – vor zwei japanischen Herstellern: Die Marge des bayerischen Autobauers lag bei 5,9 Prozent, Toyota und Suzuki kamen auf Margen von 5,4 bzw. 5,2 Prozent. Vier Unternehmen schafften ein Gewinnwachstum – Tesla, BMW, Hyundai und General Motors. Die übrigen Unternehmen verzeichneten jeweils zweistellige Gewinneinbußen.
Nur vier Unternehmen konnten im ersten Quartal den Umsatz steigern, darunter BMW. Das stärkste Umsatzwachstum wies aber Tesla aus: plus 32 Prozent. Tesla war zudem der einzige Hersteller, der seinen Pkw-Absatz im ersten Quartal steigern konnte – um 40 Prozent. Die übrigen Unternehmen verzeichneten zumeist zweistellige Absatzeinbußen.
EY im ÜberblickEY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt über 1.000 Mitarbeiter an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2018/2019 einen Umsatz von 160 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt rund 280.000 Mitarbeitern der internationalen EY-Organisation betreut EY Kunden überall auf der Welt.EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung sowie Transaktionsberatung und Managementberatung. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at *Der Name EY bezieht sich in diesem Profil auf alle österreichischen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Jedes EYG Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.