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  • Gesamtwert der Investitionen in österreichische Start-ups sank 2022 um 18 Prozent auf 1,0 Milliarden Euro – zweithöchster Jahreswert
  • Bei 75 Prozent der Finanzierungsrunden waren österreichische Geldgeber:innen beteiligt
  • Fast zwei Drittel der Start-up-Investor:innen kommen aus Österreich – besonders aktiv waren 2022 der aws Gründerfonds, Hansi Hansmann, IST Cube, Tecnet Equity, Speedinvest und der European Super Angels Club
  • Zwei Drittel des Risikokapitals kommen bei großen Finanzierungsrunden von rein ausländisch besetzten Investorengruppen
  • Je größer die Runde, desto weniger sind österreichische Investor:innen beteiligt – nur in der Pre-Seed und Seed-Phase dominieren heimische Geldgeber:innen
Wien, 7. Februar 2023 – Nachdem 2021 weltweit alle Rekorde in Hinblick auf Start-up-Finanzierungen geknackt wurden, haben steigende Zinsen, wirtschaftliche Unsicherheiten, Inflation und eine drohende Rezession das Marktumfeld stark eingetrübt. Die Kombination dieser Faktoren und die wirtschaftliche Lage veranlassen Risikokapitalfinanzierer:innen weltweit zu mehr Zurückhaltung und sorgen für ein deutliches Abbremsen am Finanzierungsmarkt für Start-ups und Scale-ups. Auch Österreichs Start-ups und Scale-ups stellen sich aktuell auf längere Phasen bis zur nächsten Finanzierungsrunde, geringere Bewertungen und Volumina sowie weniger ambitionierte Wachstumsziele ein.

In den Zahlen für 2022 lässt sich diese deutliche Eintrübung des Finanzierungsmarkts für österreichische Start-ups eindeutig im zweiten Halbjahr ablesen. Nach einem sehr starken ersten Halbjahr mit insgesamt 881 Millionen Euro Investments – einer neuen Rekordmarke – ist der Markt im zweiten Halbjahr 2022 deutlich eingebrochen: In den vergangenen sechs Monaten wurden nur noch 125 Millionen Euro investiert – das sind um 83 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Gegenüber dem ersten Halbjahr 2022, das mit 79 Finanzierungsrunden das anzahlmäßig abschlussstärkste Halbjahr im Untersuchungszeitraum war, ging die Zahl der Deals im zweiten Halbjahr allerdings deutlich zurück – um 17 Deals auf 62. Insgesamt gab es damit eine Steigerung um 16 Prozent auf 141 Finanzierungsrunden.

Österreichische Investor:innen waren im vergangenen Jahr deutlich aktiver: Sie waren an drei Viertel (75 %) der Finanzierungsrunden beteiligt – 2021 war das nur bei knapp mehr als der Hälfte der Runden (55 %) der Fall. Wurde 2021 noch ein Drittel (32 %) der Runden ausschließlich von heimischen Investor:innen getragen, war es 2022 sogar knapp jede zweite Runde (48 %). Nur jeder siebte Deal wurde 2022 ausschließlich von ausländischen Investorengruppen getragen – darunter aber auch die zwei größten Finanzierungsrunden des Jahres für GoStudent (300 Millionen Euro) und TTTech (250 Millionen Euro).

Dementsprechend dominieren beim Finanzierungsvolumen auch nach wie vor eindeutig ausländische Geldgeber:innen: Mehr als zwei Drittel (68 %) des Risikokapitals – und damit nur knapp weniger als 2021 (75 %) – kommen von rein ausländisch besetzten Investorengruppen.

Das sind die Ergebnisse des Start-up Investment Barometers der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY in Zusammenarbeit mit der Austrian Angel Investors Association (AAIA) und der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO). Berücksichtigt wurden veröffentlichte Finanzierungsrunden in Unternehmen mit Hauptsitz in Österreich, deren Gründung höchstens zehn Jahre zurückliegt.

„Weltweit ist die Goldgräberstimmung des Boom-Jahres 2021 der Zurückhaltung gewichen. Viele Geldgeber:innen verhalten sich abwartend und halten sich mit Finanzierungen in Start-ups und Scale-ups zurück. Besonders deutlich hat sich das im zweiten Halbjahr gezeigt: Die Investmentaktivitäten sind in den letzten Wochen deutlich zurückgegangen – ein Vorgeschmack auf die nächste Zeit, in der es für Start-ups und Scale-ups sehr schwierig wird, Finanzierungsrunden abzuschließen“, sagt Florian Haas, Head of Start-up bei EY Österreich.

„Ein positiver Befund des Jahres 2022 ist die steigende Aktivität von österreichischen Investor:innen, die sich an deutlich mehr Finanzierungsrunden beteiligt haben als im Vorjahr. Gleich geblieben ist allerdings, dass der Großteil des Finanzierungsvolumens ausschließlich von ausländischen Geldgeber:innen gestemmt wird. Auch wenn die Abhängigkeit in der Breite etwas weniger geworden ist, müssen österreichische Scale-ups auf ihrem Wachstumskurs früher oder später das Kapital für ihre Skalierung jenseits der Landesgrenzen lukrieren. Nachdem gerade diese großen, international tätigen Risikokapitalgeber:innen aktuell auf der Bremse stehen, braucht es dringend staatlich gesteuerte Anreize für Investitionen in Start-ups durch institutionelle und private Geldgeber:innen, um eine liquiditätsbedingte Vollbremsung von zukünftigen ‚Global Champions made in Austria‘ zu verhindern“, so Haas weiter.

Österreichische Investor:innen geben Starthilfe, ausländische Geldgeber:innen finanzieren Wachstum
Bei frühphasigen Investmentrunden sind dementsprechend auch klar heimische Investorengruppen führend: Erstmals dominieren nicht nur im Pre-Seed-Bereich (2022: 75 %, 2021: 78 %), sondern auch in der Seed-Phase (2022: 65 %, 2021: 45 %) Kapitalgeber:innen mit Sitz in Österreich. Mit Anstieg der Runde sinkt der Anteil an heimischen Investor:innen weiter: Bei Series-A-Finanzierungsrunden liegt der Anteil bei der Hälfte (51 %), bei Series-B-Finanzierungsrunden nur bei zehn Prozent.

An keiner der zwei großen Finanzierungsrunden in der Größenordnung von mehr als 100 Millionen Euro war ein:e Inlandsinvestor:in beteiligt. Auch bei den drei Abschlüssen im Umfang zwischen 50 und 100 Millionen Euro lag der Anteil österreichischer Investor:innen mit 24 Prozent niedrig. Lediglich bei kleineren Finanzierungsrunden im Umfang von bis zu einer Million Euro waren mehrheitlich österreichische Geldgeber:innen beteiligt: So hatten hier 116 der 147 registrierten Investor:innen ihren Hauptsitz in Österreich (79 %). Immerhin: An der Hälfte der zehn größten Finanzierungsrunden des Jahres gab es eine österreichische Beteiligung auf Investorenseite.

„Nach dem Hype im ersten Halbjahr 2022 mussten viele heimische Investor:innen im zweiten Halbjahr vorwiegend ihr eigenes Portfolio unterstützen, um Liquiditätsengpässen entgegenzuwirken. Dies spiegelte sich auch auf der Gegenseite wider, da einige Start-ups es folglich nicht geschafft haben, eine ausreichende Finanzierung aufzustellen und Konkurs anmelden mussten. Aktuell kämpfen Investor:innen zudem mit Verlusten in anderen Asset-Klassen und werden 2023 deutlich weniger investieren können“, kommentiert Laura Egg, stellv. Geschäftsführerin der Austrian Angel Investors Association (AAIA).

„Um die Aktivität von privaten Investor:innen weiterhin aufrechterhalten zu können, wäre die rasche Einführung von Incentivierungsmaßnahmen, wie steuerliche Erleichterungen, essentiell. Im EU-Vergleich hinkt der heimische Wirtschaftsstandort hier klar hinterher. Eine Tatsache, die sich vor allem in den Investmentaktivitäten 2023 zeigen wird“, so Egg.

Nina Wöss, Vorstandsvorsitzende der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO), ergänzt: „Das EY Start-up Investment Barometer zeigt, dass es Österreich nicht an spannenden Investment-Targets und Frühphaseninvestor:innen mangelt. So weit, so gut. Dieser Fakt ist inzwischen hinlänglich bekannt und spricht für die Qualität der Start-up-Landschaft. Weitgehend unverändert ist die Situation bei den Wachstumsfinanzierungen. Wachstumsorientiere Tech-Unternehmen sind mangels heimischer Alternativen quasi gezwungen, sich international nach Geldgeber:innen umzusehen. Dieses Thema ist seit Jahren bekannt und, unter anderem, den fehlenden Rahmenbedingungen für Investor:innen geschuldet. Wenn Österreich den Anschluss an die europäischen Nachbar:innen hier nicht verlieren will, ist es für politische Entscheidungsträger:innen längst überfällig, tätig zu werden.“

Fast zwei Drittel der Start-up-Investor:innen kommen aus Österreich
An den 127 Finanzierungsrunden, bei denen die Investor:innen bekannt sind, waren insgesamt (mindestens) 337 Investor:innen beteiligt. Immerhin 206 dieser namentlich bekannten Investor:innen (61 %) haben ihren Firmenhauptsitz in Österreich. Besonders aktiv waren 2022 hierzulande der aws Gründerfonds, Hansi Hansmann mit der Hans(wo)men Group, IST Cube, Tecnet Equity, Speedinvest und der European Super Angels Club.

Am zweithäufigsten waren Investor:innen mit Hauptsitz in Deutschland vertreten (44). Es folgen Investor:innen aus Großbritannien (22) vor Investor:innen aus den USA (18). Insgesamt waren Investor:innen aus 27 Ländern (inklusive Österreich) an den verzeichneten Finanzierungsrunden beteiligt.

Österreichische Geldgeber:innen investieren in Hardware und Media
Am größten war der Anteil an heimischen Investorengruppen bei Finanzierungsrunden 2022 wie schon 2021 im Bereich Hardware, wo 92 Prozent der hier bei den sieben Finanzierungsrunden beteiligten namentlich bekannten Investor:innen aus Österreich stammen. Knapp dahinter folgt Media & Entertainment mit 91 Prozent österreichischen Investorengruppen sowie der HR- und Recruitmentbereich mit 88 Prozent. Am niedrigsten war 2022 der Anteil der Inlandsinvestor:innen in den Bereichen Mobility (45 %) und AgTech (43 %).


EY im Überblick

EY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 1.500 Mitarbeiter:innen an fünf Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2023/2024 einen Umsatz von 229 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt über 400.000 Mitarbeiter:innen der internationalen EY-Organisation betreut EY Kund:innen überall auf der Welt.

Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at 

*Der Name EY bezieht sich in diesem Profil auf alle österreichischen Mitgliedsunternehmen von Ernst &Young Global Limited (EYG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Jedes EYG Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.

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