- Neuzulassungen steigen in der EU im Juni um 18 Prozent, in Österreich um acht Prozent
- Absatz aber weiter deutlich unter Vorkrisenniveau – EU-weit um 15 Prozent, in Österreich um 25 Prozent
- Hoher Auftragsbestand sorgt trotz Konjunkturschwäche derzeit noch für Wachstum
- Elektro-Marktanteil wächst
Wien, 19. Juli 2023. Das Wachstumstempo auf dem EU-Neuwagenmarkt bleibt hoch: Die Zahl der Pkw-Neuzulassungen in der EU stieg laut Branchenverband ACEA gegenüber Juni 2022 um 18 Prozent, in Österreich war das Wachstum mit knapp acht Prozent nur knapp halb so stark. Nach wie vor gibt es zudem eine große Lücke zum Vorkrisenniveau: Im Vergleich zu Juni 2019 ergibt sich ein EU-weites Minus von 15 Prozent, in Österreich beträgt die Differenz sogar 25 Prozent. In 21 der 27 EU-Mitgliedsländer lag der Absatz im vergangenen Monat unter dem Niveau von Juni 2019.
„Der Markt profitiert im Moment von den Bestellungen aus dem Vorjahr, die erst abgearbeitet werden müssen“, betont Axel Preiss, Leiter Advanced Manufacturing & Mobility bei EY. „Letztes Jahr hatte die Branche durch den Halbleitermangel und eingeschränkte Produktionskapazitäten mit erheblichen Einbußen zu kämpfen. Das gehört mittlerweile der Vergangenheit an, die Lieferzeiten sinken weiter.“ Preiss rechnet damit, dass die positive Entwicklung in den kommenden Monaten anhalten wird: „Das Vor-Corona-Niveau werden wir heuer nicht erreichen, aber die Lücke zum Vorkrisenniveau sollte deutlich schrumpfen. Allerdings werden dann auch die angestauten Aufträge abgearbeitet sein.“
Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage, der gesunkenen Kaufkraft und des hohen Zinsniveaus blickt Preiss eher pessimistisch auf das Jahr 2024: „Die Bestellungen gehen zurück, entsprechend rechnen wir im nächsten Jahr mit einer schwachen Absatzentwicklung.“ Das führe laut Preiss zu Überkapazitäten, in weiterer Folge gerät der Preis unter Druck. „Rabatte kann sich die Branche aber eigentlich nicht leisten. Wie bei allen Produktionsunternehmen sind auch bei den Autobauern die Kosten aufgrund von hohen Energiepreisen und höheren Kosten in der Lieferkette gestiegen. Sollten die Hersteller wieder verstärkt Zugeständnisse beim Preis machen, um den Absatz anzukurbeln, wird das auf Kosten der Marge gehen.“
Wachstum bei Elektroautos bleibt stark Im Juni legten die Neuzulassungen reiner Elektroautos (BEV) in der EU insgesamt um 66 Prozent zu, nachdem sie im Mai um 71 Prozent und im April um 52 Prozent gestiegen waren. Der Marktanteil von Elektroautos stieg in der EU im Vergleich zu Juni 2022 von 10,7 auf 15,1 Prozent.
„Derzeit boomt der Elektroautomarkt noch,“ sagt Preiss. „Die meisten E-Auto-Neuzulassungen gehen aber auf Bestellungen im vergangenen Jahr zurück. Aus demselben Grund ist in der EU noch bis Jahresende ein Wachstum in diesem Segment zu erwarten. Fraglich ist, ob der Aufwärtstrend auch danach bestehen bleibt.“
Innerhalb der EU sind hinsichtlich der Marktanteile von Elektroautos erhebliche Unterschiede erkennbar: Die höchsten Marktanteile wurden im Juni in Irland und in den skandinavischen Ländern registriert – in Irland lag der BEV-Marktanteil bei 48 Prozent, in Schweden bei 39 Prozent und in Dänemark bei 35 Prozent. Österreich liegt mit einem Elektro-Marktanteil von 18,8 Prozent im oberen Mittelfeld. Die niedrigsten Marktanteile weisen Elektroautos in den südost- und osteuropäischen Märkten auf. So betrug der BEV-Marktanteil in Kroatien zwei Prozent und in Tschechien und der Slowakei jeweils drei Prozent.
„Die Unterschiede innerhalb der EU sind eklatant: Während in den skandinavischen Ländern der Marktanteil von Elektroautos bei etwa einem Drittel liegt, stagnieren andere Märkte wie Polen bei gerade einmal vier Prozent. Die EU-Pläne für die Elektromobilität sind aber sehr ambitioniert. Wenn tatsächlich ab 2035 keine Verbrenner mehr neu zugelassen werden sollen, muss bis dahin in vielen Ländern noch sehr viel passieren“, so Preiss. In acht EU-Ländern liegt der Marktanteil von Elektroautos derzeit unter fünf Prozent, gerade einmal in sechs EU-Ländern entfallen mehr als 20 Prozent der Neuzulassungen auf Elektroautos.
Plug-in-Hybride verlieren Marktanteile, Österreich entgegen dem TrendEU-weit stieg der Absatz von Plug-in-Hybriden im Juni nur um 13 Prozent, in Österreich jedoch sogar um 51 Prozent. EU-weit sank der Marktanteil von Plug-in-Hybriden gegenüber dem Vorjahresmonat von 8,2 auf 7,9 Prozent. In Österreich kletterte er hingegen von 5,2 auf 7,3 Prozent. Im Nachbarland Deutschland gerät diese Antriebstechnologie zunehmend unter Druck (minus 39 Prozent im Juni), ein Grund dafür ist sicher der Wegfall der Umweltprämie.
Der gemeinsame Marktanteil von elektrifizierten Neuwagen (BEV und PHEV) stieg EU-weit von 19,0 auf 23,1 Prozent, in Österreich hingegen von 20,2 auf 26,2 Prozent.
Preiss betont: „Nur etwa jeder fünfte Neuwagen in der EU fährt aktuell mit elektrifiziertem Antrieb. An dieser Verteilung wird sich voraussichtlich auch im nächsten Jahr wenig ändern, wenn sinkende staatliche Förderungen und eine schwache Wirtschaftslage dafür sorgen, dass sich weniger Menschen ein neues Auto kaufen und zudem der Preis wieder wichtiger wird. Dann werden auch wieder Rabatte eine Rolle spielen – sowohl bei Verbrennern als auch bei Elektroautos.“