- M&A: Zahl der Transaktionen auf europäischer Ebene in den letzten sechs Quartalen um 15 Prozent zurückgegangen
- Wertschöpfung und Synergien als Schlüsselelement bei der Identifizierung potenzieller Übernahmeziele, in Österreich geografische Expansion am relevantesten
- Käufermarkt: Post-Deal-Phase schwierigster Aspekt der Transaktion
- Zwischen 70 und 90 Prozent der Fusionen und Übernahmen erreichen ihre Ziele nicht oder schaffen keinen nachhaltigen Wert
Wien, 12. September 2023. In den letzten Jahren verzeichnete Europa eine anhaltende Dynamik bei M&A-Deals. Fusionen und Übernahmen wurden durch günstige Finanzierungsbedingungen und eine erhöhte Liquidität angetrieben. Derzeit beeinflussen regulatorische Anforderungen und geopolitische Unsicherheiten jedoch den M&A-Markt. In einem komplexen finanziellen Umfeld, das von steigenden Zinssätzen und erheblichen Unterschieden in den Preiserwartungen von Verkäufer:innen und Käufer:innen geprägt ist, ist die Zahl der Transaktionen auf europäischer Ebene in den letzten sechs Quartalen nun um 15 Prozent zurückgegangen. Diese Faktoren haben zu einer Zunahme opportunistischer Übernahmen geführt.
In einem Transaktionsmarkt, der auch durch einen rückläufigen Trend der durchschnittlichen EV/EBITDA-Multiplikatoren in einigen Branchen gekennzeichnet ist, nannten 74 Prozent der Befragten Wertschöpfung und Synergien auf europäischer Ebene als wichtigsten Faktor bei der Auswahl des Zielunternehmens. Österreichische Unternehmen nannten hier an erster Stelle die geografische Expansion (73 %). Synergien und Wertschöpfung werteten sie im Gegensatz dazu nur als zweitwichtigsten Faktor (64 %), gefolgt von dem Wunsch, ihr Produkt-/Dienstleistungsangebot zu erweitern (55 %).
„Die Verlangsamung der M&A-Aktivitäten und die zunehmenden Unterschiede zwischen den Preiserwartungen von Käufer:innen und Verkäufer:innen lassen den oder die ein:e oder andere:n Marktteilnehmer:in einen opportunistischen M&A-Ansatz wählen. Gerade dieser bringt aber ein inhärentes Risiko mit sich, sodass die Identifizierung von Synergien mit einem strukturierten Prozess, um den potenziell ungenutzten Wert von Transaktionen zu erfassen und mögliche Risiken zu begrenzen, umso wichtiger für das Unternehmen wird“, so Eva-Maria Berchtold, Leiterin der Strategie- und Transaktionsberatung bei EY Österreich.
Das sind die Ergebnisse des EY Europe West Buy and Integrate Barometers, einer jährlichen Umfrage, die unter Führungskräften großer nationaler und multinationaler Unternehmen durchgeführt wird, mit dem Ziel, Trends und Herausforderungen bei Fusionen und Übernahmen in Europa und Österreich zu ermitteln.
Frühzeitige Integrationsplanung unterstützt erfolgreiche M&A-Deals Die Bewältigung komplexer Herausforderungen während einer Übernahme erfordert einen strukturierten Ansatz bereits im frühen Stadium des Prozesses, um den Transaktionswert zu realisieren und eine reibungslose Integration zu gewährleisten.
Knapp drei Viertel (72 %) der Befragten beginnen in Europa daher bereits in der Vorbereitungsphase der Transaktion mit der Planung der Integrationsstrategie. Das stimmt mit der Einschätzung von 60 Prozent überein, dass eine frühzeitige Integration die Chancen auf die Realisierung von Transaktionssynergien erhöht.
In Bezug auf den gesamten Transaktionsprozess wurde von den Käufer:innen europaweit die Umsetzung der Integration als besonders herausfordernd angesehen (43 %). Von österreichischen Unternehmen wurde diese mit 36 Prozent als die schwierigste Phase genannt, gefolgt von der Identifizierung und Auswahl geeigneter Übernahmekandidat:innen mit 27 Prozent. Dies verdeutlicht, dass die Umsetzung der Integration nach dem Abschluss der Transaktion oft als komplexer Prozess wahrgenommen wird, der besondere Anstrengungen erfordert, um eine reibungslose Übernahme sicherzustellen.
Österreichische Unternehmen wählen unterschiedliche Zeitpunkte für den Beginn der Integrationsplanung: Neun Prozent beginnen damit bereits in der Target-Screening-Phase, neun Prozent nach dem Letter of Intent, 18 Prozent zwischen Vertragsunterzeichnung und Transaktionsabschluss, 55 Prozent während der Due-Diligence-Phase und neun Prozent erst nach Abschluss der Transaktion.
„Die Bewältigung der Herausforderungen komplexer Fusionen und Übernahmen mit einem strukturierten Ansatz in einem frühen Stadium des M&A-Prozesses gilt als entscheidend, um den Transaktionswert zu realisieren und einen reibungslosen Integrationsprozess sicherzustellen. Kund:innen betrachten Synergien und Post-Merger-Integrationsaspekte als ausschlaggebend für den Erfolg der Transaktion“, analysiert Berchtold.
Due-Diligence-Prüfung hilft, Synergien zu identifizieren Durch eine frühzeitige Planung der Post-Deal-Phase können Unternehmen nicht nur mehr aus dem Due-Diligence-Prozess herausholen, sondern auch die Integrationsphase nach der Übernahme beschleunigen. Die Due-Diligence-Prüfung hilft der:m Käufer:in, das Geschäftsmodell zu verstehen und Synergien zu identifizieren: 90 Prozent der österreichischen Unternehmen stimmen hier zu. Traditionellere Due-Diligence-Aspekte (rechtliche, steuerliche oder regulatorische Aspekte, Marktdefinition usw.) werden nur von 40 Prozent als besonders kritisch für die Realisierung des Transaktionswertes angesehen. Zwischen 70 und 90 Prozent der Fusionen und Übernahmen erreichen ihre Ziele nicht oder schaffen keinen nachhaltigen Wert, meist aufgrund zu spät erkannter Synergien, mangelnder Due Diligence und unzureichender Berücksichtigung von Maßnahmen nach dem Abschluss der Transaktion und der Integration.
84 Prozent der Unternehmen, die Akquisitionen durchführten, haben eine:n Berater:in in Anspruch genommen, um den Prozess zu begleiten. 54 Prozent der befragten europäischen Unternehmen, die Übernahmen durchgeführt haben, suchten in diesem Fall Unterstützung durch eine der großen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzleien („Big Four“). In Österreich setzten 60 Prozent auf eine der großen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften, 20 Prozent wickelten den Prozess über Strategieberatungen ab.
In Österreich zeigen die Zahlen zudem, dass 55 Prozent der befragten Unternehmen in den letzten drei Jahren fünf oder mehr Akquisitionen getätigt haben, 18 Prozent verzeichneten drei Akquisitionen. 18 Prozent lediglich eine.
Integration: Schlüsselfaktoren stellen gleichzeitig Risiken dar Die wichtigsten Faktoren für den Integrationsprozess werden von den befragten Unternehmen auch als die größten Herausforderungen bei M&A Deals wahrgenommen.
Während 88 Prozent der Befragten eine klarere Kommunikation des Integrationsprozesses an die Stakeholder als wichtigsten Erfolgsfaktor in der Integrationsphase ansehen, halten 57 Prozent dies auch für das komplexeste zu bewältigende Thema. 77 Prozent sehen darüber hinaus ein dediziertes internes Integrationsteam als entscheidend für den Erfolg der Post-Deal-Aktivitäten an, 52 Prozent sehen dieses Element als große Herausforderung an.
In Anbetracht der in den letzten drei Jahren durchgeführten Post-Deal-Prozesse zeigen sich mehrere herausfordernde Faktoren. Die in Österreich befragten Unternehmen sehen mit 45 Prozent ein beschleunigtes Integrations-Tempo als einen davon. Zudem ist das Vorhandensein eines dedizierten internen Integrations-Teams mit einer Zustimmungsrate von 73 Prozent ein wichtiger Aspekt und wird von 64 Prozent als Herausforderung wahrgenommen. Ebenfalls von großer Bedeutung ist die klare Kommunikation des Integrationsfortschritts an die Stakeholder mit einer Zustimmungsrate von 64 Prozent. Die Verbesserung der Mitarbeitererfahrung wurde von 36 Prozent der Befragten als Herausforderung genannt.
„Während in der Vergangenheit nur die vorbereitenden Elemente der Verhandlungen und die Preisfindung vor dem Signing als relevant angesehen wurden, werden nun die Identifizierung von Synergien und die Planung der Aktivitäten nach der Transaktion als ebenso wichtig erachtet und haben sogar den Charakter einer potenziellen Differenzierung gegenüber Wettbewerbern angenommen. Kommunikation, Einbindung qualifizierter Ressourcen von Anfang bis Ende und hohe Integrationsgeschwindigkeit werden vom Management als die kritischsten Integrationsaspekte angesehen“, so Berchtold.
Zudem ist auch die technologische Integration ein Katalysator für die funktionsübergreifende Integration. Bei 82 Prozent der österreichischen Unternehmen wirkt sich der Bereich IT sehr stark bzw. stark auf die gesamten Integrationskosten aus.