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Auf Grund der bevorstehenden Verschärfungen bei den CO2-Reduktionszielen sowie der Tatsache, dass weder ausreichend grüner Strom noch Wasserstoff zur Verfügung stehen und die chemische Industrie von der Strompreiskompensation ausgenommen ist, fordern die Unternehmen des Chemieparks Linz in einem gemeinsamen offenen Brief an die österreichische Bundesregierung dringend wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen, um das Überleben der chemischen Industrie zu sichern bei einem gleichzeitig realistischen und erfolgreichen Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung,
sehr geehrte Damen und Herren des Parlaments!

Der Chemiepark Linz beheimatet acht produzierende Industrieunternehmen mit über 4.000 hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Diese acht Unternehmen investieren jedes Jahr zwischen 100 und 200 Millionen Euro, die überwiegend österreichischen Zulieferbetrieben zugutekommen und so zusätzliche Arbeitsplätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette sichern. Der Exportanteil des Chemieparks liegt deutlich über 80 % und macht den Standort zu einem wichtigen Wirtschaftsmotor der Region.

Der in Österreich einzigartige Unternehmensverbund ermöglicht einen außergewöhnlich effizienten Einsatz von Energie und Rohstoffen: Die Abwärme einer Anlage dient als Energiequelle für die nächste Anlage, Rohstoffe und Hilfsmedien werden standortübergreifend geteilt. Diese Synergien sichern nicht nur unsere Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Markt, sondern leisten auch einen bedeutenden Beitrag zur CO2-Reduktion, Ressourcenschonung und zum aktiven Umweltschutz.

Trotz der großen Vorteile des Anlagenverbunds in Linz belasten hohe Energiepreise und Investitionskosten für klimafreundliche Technologien, sowie strenge Umweltauflagen österreichische Unternehmen so massiv, dass diese im internationalen Wettbewerb zunehmend nicht mehr konkurrenzfähig sein können. Darüber hinaus wird die Situation durch die Insolvenz des Standortunternehmens ESIM Chemicals und Produktionsschließungen der Firmen Novoflor und Solmax weiter verschlechtert.

Drohende Verschärfungen
Die bevorstehenden strikten CO2-Reduktionsziele bedrohen die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Chemieparks in zweifacher Hinsicht. Einerseits verschärfen sich die Rahmenbedingungen dramatisch: Die geplante Abschaffung der kostenlosen Emissionszuteilungen bedroht die wirtschaftliche Existenz mehrerer Unternehmen und damit den gesamten kosteneffizienten, umweltschonenden Verbund. Gleichzeitig soll die chemische Industrie in Österreich keine Strompreiskompensation erhalten – bei Energiekosten, die bereits heute 15 % über deutschem und 300 % über US-amerikanischem Niveau liegen.

Andererseits fehlen die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation: Weder ausreichend grüner Strom und Wasserstoff, noch ein marktfähiges Carbon-Management-System stehen zur Verfügung. Das Festhalten an den formulierten Zielen führt zwangsläufig zu einem Paradoxon: Eine CO2-Reduktion in Österreich durch Schließung des Chemieparks während die dringend benötigten Produkte künftig aus Regionen mit niedrigeren Umweltstandards importiert werden. Dem globalen Klimaziel ist damit nicht gedient, im Gegenteil: Es verschiebt das Problem nur und verschlechtert die weltweite CO2-Bilanz.

Forderungen
Die Unternehmen des Chemieparks Linz fordern daher dringend wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen, die den erfolgreichen Übergang in eine klimafreundliche Wirtschaft ermöglichen. Konkret geht es darum, die freie Zuteilung von Emissionszertifikaten und die Strompreiskompensation für die chemische Industrie zu verlängern. Diese Maßnahmen sind entscheidend, um die klimafreundliche Transformation der bestehenden Industrieanlagen zu ermöglichen und den heimischen Standort zu sichern.

Darüber hinaus ist die Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen notwendig. Das Projekt „HEATLink“, bei dem ungenutzte Abwärme aus Produktionsprozessen in das Linzer Fernwärmenetz eingespeist wird, ist ein gutes Beispiel für eine volkswirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Maßnahme. Projekte dieser Art benötigen gezielte Förderinstrumente. Während Deutschland solche Vorhaben mit klarem politischen Willen und substanzieller öffentlicher Unterstützung vorantreibt, fehlt in Österreich bislang ein vergleichbares Förderinstrument.

Es ist wichtig, die Transformation der Industrie durch realistische Teilschritte aktiv zu gestalten. Viele Produktionsschritte in der chemischen Industrie lassen sich noch nicht elektrifizieren, daher braucht es Übergangsphasen, bei denen auch Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz unterstützt werden. Die Klimaziele der EU und Österreichs müssen so gestaltet werden, dass sie den spezifischen Bedürfnissen der energieintensiven und hard-to-abate Industrie gerecht werden. Das Festhalten an Klimazielen ohne Berücksichtigung ihrer praktischen Umsetzbarkeit gefährdet den Wirtschaftsstandort Österreich massiv. Deutschland hat bereits erkannt, dass ambitionierte Klimaziele nur dann sinnvoll sind, wenn sie die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie nicht untergraben. Österreich sollte diesem pragmatischen Kurs folgen – denn eine Deindustrialisierung durch unrealistische EU-Klimavorgaben schadet sowohl der heimischen Wirtschaft als auch dem globalen Klimaschutz.

Neben den hohen Energiekosten ist der bürokratische Aufwand der zweite kritische Standortfaktor. Sowohl europäische Vorgaben wie die Corporate Sustainability Reporting Directive und die Industrial Emissions Directive, als auch deren nationale Umsetzung müssen drastisch vereinfacht werden. Unternehmen sollten ihre knappen Ressourcen für Innovationen und Verbesserungen einsetzen können – nicht für ausufernde Berichtspflichten.

Abschließend unser Appell: Verankern Sie die chemische Industrie zentral in der österreichischen Industriestrategie. Sie liefert Vorprodukte für 96 % aller Erzeugnisse und ist damit systemrelevant für den gesamten Industriestandort.

Mit freundlichen Grüßen, im Namen der Unternehmen des Chemieparks Linz
LAT Nitrogen Linz GmbH / Borealis Polyolefine GmbH / Patheon Austria GmbH & Co KG / Nufarm GmbH & Co KG / Takeda Austria / ESIM Chemicals GmbH / Aurorium Austria GmbH / Corza Medical GmbH


Im Anhang sowie unter diesem Link können Sie den offenen Brief in voller Länge mit allen Unterzeichnenden einsehen.

 

Contact: Ines Schmied-Binderlehner, ikp Wien
Tel: +43 1 524 77 90-24
Mail: nitro@ikp.at

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