- Zahl der Transaktionen fällt europaweit von 196 auf 182, Transaktionswert sinkt von 31,2 auf 17,3 Mrd. US-Dollar
- In Europa zweites Halbjahr deutlich stärker als erstes
- Deutschland und Großbritannien bleiben beliebteste Investitionsziele – erstmals seit 2010 keine Übernahme in Österreich
- Industrieunternehmen wieder verstärkt im Fokus
- Corona-Virus könnte Transaktionsaktivitäten 2020 bremsen
Wien, 6. Februar 2020. Die Aktivitäten chinesischer Investoren in Europa sind 2019 weiter abgeebbt. Die Zahl der Transaktionen sank im Gesamtjahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr von 196 auf 182. In Summe wurden im vergangenen Jahr europaweit 17,3 Milliarden US-Dollar investiert – nach 31,2 Milliarden US-Dollar im Jahr 2018. Das entspricht einem Rückgang von über 55 Prozent. Allerdings zogen die Aktivitäten in der zweiten Jahreshälfte wieder spürbar an: Die Zahl der Übernahmen stieg im Halbjahresvergleich von 83 auf 99. Vor allem beim Transaktionswert ging es aufwärts: Von 2,4 Milliarden US-Dollar in der ersten Jahreshälfte schnellte das investierte Kapital auf 14,9 Milliarden US-Dollar im zweiten Halbjahr hoch.
Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die M&A-Investitionen chinesischer Unternehmen in Europa untersucht.
„Im zweiten Halbjahr zog der Markt spürbar an: Die Bereitschaft, auch größere Deals anzugehen, ist deutlich gestiegen“, so Eva-Maria Berchtold, Leiterin Transaction Advisory Services bei EY Österreich. „Zunehmend drängen nun auch chinesische Finanzinvestoren nach Europa, die zuvor nur in ihrem Heimatland unterwegs und somit hier weitgehend unbekannt waren. Einige von ihnen sind auf Transaktionen im dreistelligen Millionenbereich spezialisiert und treten in diesem Segment zunehmend in Konkurrenz zu den etablierten großen Finanzinvestoren aus Amerika und Europa.“ Zwar sei die Abschlussquote noch nicht hoch, aber Berchtold beobachtet eine „steile Lernkurve“.
Zudem seien im zweiten Halbjahr mehr große Zielunternehmen auf den Markt gekommen, so Berchtold. „Bei einigen großen Private Equity-Exits und Carve Outs von Industriekonzernen waren chinesische Investoren aktiv beteiligt. Weitere Deals dieser Art stehen an.“
Mit 39 Transaktionen wurden die meisten Transaktionen in Deutschland gezählt – vor Großbritannien (31 Deals), Frankreich (18) und Italien (14). In Österreich gab es erneut einen Rückgang und erstmals seit 2010 keine Übernahme. 2018 haben chinesische Investoren drei Unternehmen in Österreich übernommen, 2017 sogar fünf.
Im vergangenen Jahr gerieten gerade Industrieunternehmen wieder verstärkt in den Fokus chinesischer Investoren: Die Zahl der Deals im Industriesektor von 39 im Jahr 2018 auf 56 im vergangenen Jahr. Rückläufig war hingegen das Engagement chinesischer Investoren im Finanz- und im Energiesektor, wo die Zahl der Deals von 18 auf zwölf bzw. von 16 auf fünf sank.
„Industrie und Hightech sind derzeit wieder sehr gefragt – dabei treten Chinesen als strategische Investoren sowohl bei starken Nischenanbietern als auch bei Unternehmen mit schwachem Wachstum in Europa auf. Etliche kleine und mittelgroße Unternehmen erhielten im vergangenen Jahr durch einen chinesischen Investor den Zugang zum riesigen chinesischen Absatzmarkt“, sagt Berchtold. „Wir erleben auch, dass namhafte chinesische High-Tech Unternehmen zunehmend in High-Tech-Start-ups in Europa investieren, wodurch diese Jungunternehmen nicht nur frisches Kapital, sondern auch Zugang zu den großen Plattformen erhalten, die die chinesischen High-Tech Unternehmen aufgebaut haben“, ergänzt Berchtold.
Chinesen investieren in britisches Bier und deutsche Autos
Die europaweit größten Investitionen waren im vergangenen Jahr die Übernahme der britischen Greene King-Brauereigruppe (einschließlich Pubs und Hotels) durch die Hongkonger CKA Gruppe mit einer Transaktionssumme von rund 5,6 Milliarden US-Dollar. Die zweitgrößte Transaktion war der Erwerb eines Fünf-Prozent-Anteils am Daimler Konzern durch den chinesischen Autokonzern BAIC – zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Transaktion entsprach das einem Börsenwert von 2,9 Milliarden US-Dollar. Auf dem dritten Platz folgt der Einstieg der Jiangsu Shagang Gruppe beim britischen Rechenzentrumbetreiber Global Switch für 2,2 Milliarden US-Dollar.
Tendenziell positiver Ausblick – Corona-Ausbruch könnte die erste Jahreshälfte dämpfen
Yi Sun, Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz bei EY, sieht den Transaktionsmarkt derzeit im Aufwind, da auch zu Jahresbeginn 2020 einige große Transaktionsprozesse in den Startlöchern stehen, für die sich chinesische Investoren interessieren. Zudem betont sie: „Beim Handelskonflikt zwischen den USA und China zeichnet sich eine Lösung ab, mit der beide Seiten leben können und die die lange Phase der Unsicherheit beenden würde. Damit werden sich auch wieder mehr chinesische Unternehmen Gedanken über ihre strategische Entwicklung im Ausland machen.“
Allerdings könnte der aktuelle Ausbruch des Corona-Virus zumindest kurzfristig Auswirkungen auf die Aktivitäten chinesischer Unternehmen im Ausland haben: „In diesen Tagen hat in China die Eindämmung des Virus oberste Priorität. Je nachdem, wie sich die Lage in den kommenden Wochen entwickelt, könnte es daher zu einem Rückgang der Transaktionsaktivitäten im ersten Vierteljahr kommen.“
EY im Überblick
EY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2018/2019 einen Umsatz von 160 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt über 280.000 Mitarbeitern der internationalen EY-Organisation betreut EY Kunden überall auf der Welt.
EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung sowie Transaktionsberatung und Managementberatung.
Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at
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