- 57 Prozent der CEOs erwarten geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheit über mehr als ein Jahr hinweg
- 74 Prozent der Konzerne möchten Produktion und Vertrieb näher an die Absatzmärkte rücken
- USA bleiben Top-Investitionsziel, gefolgt von Kanada, UK, Indien und Deutschland
- M&A-Aktivitäten sind mit 48 Prozent leicht rückläufig, deutliche Verlagerung zu strategischen Allianzen
- Mehr als drei Viertel der CEOs erwarten, dass höhere Zölle ihre Geschäftsergebnisse deutlich belasten
Wien, 09. Oktober 2025. Neue Zoll- und Handelsbarrieren entwickeln sich für global agierende Unternehmen zu einer erheblichen finanziellen Belastung: 77 Prozent der weltweit im August befragten 1.200 CEOs erwarten, dass höhere Zölle die finanzielle Leistung ihres Unternehmens deutlich schwächen werden. Besonders stark betroffen sehen sich US-Unternehmen (92 %).
Von einer baldigen Entspannung der geopolitischen und wirtschaftlichen Lage geht nur ein Teil der Befragten aus: Weltweit rechnen 43 Prozent mit einer Beruhigung innerhalb der nächsten zwölf Monate. Von einer Unsicherheitsphase von mindestens drei Jahren gehen global 24 Prozent aus. Noch pessimistischer sind nur die Unternehmenschefs in Japan (46 %), während in den USA lediglich 15 Prozent eine anhaltende Unsicherheit über mindestens drei Jahre erwarten.
Das sind Ergebnisse des aktuellen CEO-Survey basierend auf einer Befragung von 1.200 CEOs weltweit. Die Umfrage wurde im August 2025 durchgeführt.
Als Reaktion auf geopolitische Krisen und steigende Zölle setzen Unternehmen verstärkt auf Lokalisierung ihrer Aktivitäten: Weltweit geben 74 Prozent der CEOs an, in den jeweiligen Absatzmärkten stärker zu investieren und dort eigene Produktions- und Vertriebskapazitäten aufzubauen. Besonders aktiv sind japanische Unternehmen (97 %), gefolgt von UK- (85 %) und US-Konzernen (82 %). Von den chinesischen CEOs hingegen gibt nur knapp ein Drittel (32 %) an, verstärkt vor Ort zu investieren.
Lokalisierungsinvestitionen werden zur neuen Normalität
Da nur wenige Unternehmen mit einem Abbau der Handelshemmnisse und einer Rückkehr zu einem weitgehend freien Welthandel rechnen, betrachten die meisten Konzerne die Lokalisierung als langfristigen strategischen Wandel: 72 Prozent der weltweit befragten CEOs sehen darin einen dauerhaften Kurswechsel. Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY Österreich: „Nationale Interessen und protektionistische Maßnahmen prägen die Weltwirtschaft zunehmend. Unternehmen brauchen daher mehr denn je Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft. Zölle und andere Handelsbarrieren werden immer stärker als politisches Druckmittel eingesetzt. Für Unternehmen heißt das: Strategien überdenken, Resilienz stärken und sich auf lange Unsicherheit einstellen.”
Investitionsziele: Innovationsstärke schlägt Kostenfaktoren
Wenn die Produktion stärker vor Ort angesiedelt wird, fließen Investitionen bevorzugt in wichtige Absatzmärkte. Als zentrale Standortvorteile nennen 54 Prozent der befragten CEOs vor allem Innovationskraft und gute Infrastruktur. Diese Faktoren sind damit wichtiger als Energiekosten (49 %) oder Arbeitskosten (47 %).
Nordamerika ist aktuell das bevorzugte Investitionsziel: 82 Prozent der weltweit befragten CEOs zählen die USA zu ihren Top-5-Standorten. Auf den Plätzen folgen Kanada und Großbritannien (jeweils 32 %), Indien (23 %) und Deutschland (21 %). Reimoser: „Die USA ziehen Investitionen so stark an wie kaum ein anderer Markt. Für global agierende Unternehmen führt am US-Markt kaum ein Weg vorbei. Nordamerika punktet bei CEOs mit Innovationskraft und Marktgröße. Politische Unsicherheiten ändern daran wenig.”
M&A-Appetit sinkt, Kooperationen nehmen zu
Um vor Ort Präsenz aufzubauen, setzen Unternehmen auch auf Transaktionen – allerdings ist die M&A-Nachfrage rückläufig: Weltweit planen derzeit 48 Prozent der Konzerne eine Fusion oder Übernahme, vor sechs Monaten waren es noch 57 Prozent. Stattdessen gewinnen Joint Ventures und strategische Allianzen an Bedeutung: 73 Prozent der weltweit befragten Unternehmen verfolgen entsprechende Kooperationen aktiv. „Der Appetit auf klassische M&A ist derzeit verhalten“, so sagt Eva-Maria Berchtold, Leiterin EY-Parthenon Österreich. „Ständig neue geo- und handelspolitische Spannungen, ein unsicheres regulatorisches Umfeld und die oftmals noch unrealistischen Preisvorstellungen vieler Verkäufer:innen bremsen das Marktgeschehen. Gleichzeitig beobachten wir eine deutliche Verschiebung hin zu Joint Ventures und strategischen Allianzen, da Unternehmen auf diese Weise Risiken teilen und schneller Zugang zu neuen Märkten und Technologien gewinnen können. Mittelfristig erwarten wir jedoch wieder ein Anziehen klassischer Transaktionen, denn die Notwendigkeit, Geschäftsmodelle neu auszurichten und Wachstum zu sichern, bleibt bestehen.“