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  • Finanzierungsvolumen bricht um 64 Prozent auf 110 Millionen Euro ein – Anzahl der Finanzierungsrunden mit 70 Deals weitgehend stabil 
  • Durchschnittliche Dealgröße fällt auf knapp 2,0 Millionen Euro – niedrigster Wert seit mehr als zehn Jahren
  • Keine einzige Finanzierungsrunde über 50 Millionen Euro – Rückzug internationaler Investor:innen stark spürbar
  • Österreich fällt zurück: Wirtschaftliche Schwäche belastet das Investitionsklima
  • Standort Österreich braucht ein unternehmerisches Update: Klare Investitionsanreize und mehr Wertschätzung für Gründer:innen
  • KI-Start-ups behaupten sich – Effizienz statt Millionenrunden
  • Größte Finanzierungsrunden gehen an Emmi AI (OÖ) und Easelink (Stmk), sieben der Top-10-Deals aus Wien
  • Software & Analytics bleibt führender Sektor – jedoch mit stark reduziertem Volumen
  • Wien bleibt trotz Rückgangs der Start-up-Hotspot mit 65 Prozent des gesamten Risikokapitals

Wien, 3. Juli 2025. Nach zwei bereits stark rückläufigen ersten Halbjahren verzeichnet das österreichische Start-up-Ökosystem im ersten Halbjahr 2025 einen weiteren Rückschlag. Das Gesamtfinanzierungsvolumen sank auf nur noch 110 Millionen Euro – ein Rückgang von rund zwei Drittel (65 %) gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (305 Millionen Euro) und der niedrigste Halbjahreswert seit 2019. Zwar blieb die Anzahl der Finanzierungsrunden mit 70 Deals annähernd stabil (H1/2024: 74), jedoch sank das durchschnittliche Finanzierungsvolumen pro Deal auf nur noch knapp 2,0 Millionen Euro – das ist der niedrigste Wert seit Erhebungsbeginn vor zehn Jahren. 

Das sind Ergebnisse des Start-up-Barometers Österreich der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Berücksichtigt wurden Unternehmen mit Hauptsitz in Österreich, deren Gründung höchstens zehn Jahre zurückliegt. 

Finanzierungen im Sinkflug – Frühphase besonders betroffen
„Die Zahlen sind ein Weckruf. Das Finanzierungsvolumen ist auf einem historischen Tiefpunkt – damit steht die in den letzten Jahren weitgehend positive Entwicklung des österreichischen Start-up-Standorts auf der Kippe“, sagt Florian Haas, Head of Start-up bei EY Österreich. „Zwar konnten immer noch einige Start-ups Finanzierungsrunden abschließen, aber die Tickets werden immer kleiner. Die Liquidität bleibt gering, die Ebbe hält an und viele Start-ups sitzen auf dem Trockenen“. 

Im ersten Halbjahr 2025 gab es unter den 56 Abschlüssen, zu denen die Finanzierungssummen öffentlich gemacht wurden, keine einzige Finanzierungsrunde im Umfang von mehr als 50 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2024 wurden noch zwei solcher Abschlüsse gezählt mit einem Gesamtvolumen von 137 Millionen Euro (Storyblok, Prewave).

Auch in der Größenkategorie der Deals mit einem Finanzierungsvolumen zwischen 10,1 und 50 Millionen Euro sank die Zahl gegenüber der Vorjahresperiode deutlich von vier auf zwei bzw. von einem Gesamtvolumen von 80,5 Millionen Euro auf 26,5 Millionen Euro. 

Besonders problematisch: Die Frühphasenfinanzierung, traditionell eine Stärke des österreichischen Ökosystems, verzeichnete einen starken Einbruch: Finanzierungsrunden unter einer Million Euro gehen deutlich um 20 Prozent von 41 auf 33 zurück. 

„Hier schrillen die Alarmglocken: Der Kapitalmangel trifft Start-ups in allen Phasen – von der frühen Gründung bis zur internationalen Skalierung. Die Lücke zieht sich quer durch das Ökosystem und bremst damit nicht nur einzelne Geschäftsmodelle, sondern den gesamten Innovationsstandort Österreich“, so Haas. 

Österreich fällt zurück: Wirtschaftliche Schwäche belastet das Investitionsklima
Ein wesentlicher Grund für die stark rückläufige Entwicklung liegt in der angespannten gesamtwirtschaftlichen Lage in Österreich, die sich zunehmend als Standortnachteil auswirkt. Während viele europäische Länder nach dem globalen Einbruch in der Start-up-Finanzierung im Jahr 2023 bereits wieder auf Erholungskurs sind, bleibt Österreich weiter auf Talfahrt. Laut aktueller Frühjahrsprognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist Österreich 2025 das einzige EU-Land mit negativer Wirtschaftsleistung – und rutscht damit bereits im dritten Jahr in Folge in die Rezession. 

„Im internationalen Vergleich findet sich Österreich in einer von strukturellen Krisen geprägten Länderliste wieder – ein fatales Signal für internationale Investor:innen“, warnt Haas. 

Diese makroökonomische Schwäche wirkt direkt auf das Investitionsklima: Internationale Kapitalgeber:innen ziehen sich zurück, globale Fonds meiden risikobehaftete Märkte und richten ihre Aufmerksamkeit auf wirtschaftlich stabilere Regionen. Zusätzlich belasten geopolitische Spannungen, Handelskonflikte sowie eine fragile Konsum- und Investitionsstimmung die Risikobereitschaft weltweit. In Kombination mit der zunehmenden Risikoscheu vieler Fonds entsteht ein spürbarer Kapitalengpass entlang der gesamten Start-up-Wertschöpfungskette. 

Investorenfokus verschiebt sich – Kapital fließt in Bestand statt Aufbruch
Ein zentrales Muster der aktuellen Entwicklung ist der Fokus vieler Investor:innen auf bestehende Portfolios. „Viele haben in den vergangenen Quartalen erhebliche Mittel nachgeschossen, um ihre Beteiligungen abzusichern. Für Neuinvestments bleibt da schlicht oft kein Spielraum“, erklärt Haas. „Das Resultat ist ein Teufelskreis: Ohne Kapital ist der Marktzugang schwierig, ohne Marktzugang keine Traction, ohne Traction keine Anschlussfinanzierung und langsameres Wachstum.“ 

Gerade in den letzten Jahren hat sich gezeigt: Gut finanzierte Scale-ups, die den nächsten Schritt auf ihrem Wachstumspfad machen wollen, tun sich mit der Kapitalaufnahme schwer. Im gesamten ersten Halbjahr 2025 wurde keine einzige Finanzierungsrunde über 50 Millionen Euro abgeschlossen – ein Novum in den vergangenen Jahren. Auch die Zahl mittelgroßer Deals zwischen 10 und 50 Millionen Euro ging deutlich zurück. Selbst im traditionell in Österreich starken Frühphasenbereich zeigt sich ein Rückgang bei kleineren Runden unter einer Million Euro. 

„Internationale Investor:innen meiden derzeit Länder ohne klare Wachstumsstory“, so Haas. „Und wenn Kapital fließt, dann meist dorthin, wo das Risiko kalkulierbarer scheint – für junge Start-ups bleibt oft wenig übrig.“ Der Kapitalmangel betrifft Start-ups in allen Phasen – von der frühen Gründung bis zur internationalen Skalierung. „Diese Lücke zieht sich quer durch das Ökosystem und bremst damit nicht nur einzelne Geschäftsmodelle, sondern die gesamte Innovationskraft des Standorts Österreich“, warnt Haas. 

Österreich braucht ein unternehmerisches Update: Klare Investitionsanreize und mehr Wertschätzung für Gründer:innen
„Wenn wir wollen, dass es wieder bergauf geht, braucht es jetzt Führung, Klarheit und Entschlossenheit“, betont Haas. „Der Start-up-Standort Österreich steht an einem Wendepunkt. Ohne gezielte Maßnahmen werden wir den Anschluss verlieren – nicht nur im Wettbewerb um Kapital, sondern auch um Talente, Innovation und Unternehmertum.“ 

Neben wirtschaftspolitischer Stabilität brauche es vor allem attraktivere Rahmenbedingungen für Investitionen in junge Unternehmen. Dazu zählen insbesondere der im Regierungsprogramm verankerte Dachfonds, ein Beteiligungsfreibetrag für private Investor:innen, klare und moderne Regelungen für Mitarbeiterbeteiligungen sowie die Möglichkeit zur steuerlichen Nutzung von Verlustvorträgen. 

„Wer unternehmerisches Risiko eingeht, Innovation schafft und Arbeitsplätze aufbaut, muss in einem modernen, zukunftsgerichteten Wirtschaftsstandort bestmöglich unterstützt werden – nicht aus Ideologie, sondern weil es Standortpolitik ist“, so Haas. 

Gleichzeitig brauche es mehr Anerkennung und Sichtbarkeit für Gründer:innen und Unternehmertum: „Start-ups sind nicht das Hobby einiger weniger, sondern ein zentraler Motor für Erneuerung, Wachstum und Resilienz. Diese Rolle muss politisch, medial und gesellschaftlich stärker wahrgenommen und wertgeschätzt werden.“ 

Besonders dringlich sei auch der Schulterschluss mit der EU. Haas verweist auf das angekündigte EIB-Programm TechEU, das bis 2027 70 Milliarden Euro für europäische Tech-Start-ups bereitstellt und zusätzlich privates Kapital hebeln soll, womit bis zu 250 Milliarden Euro investiert werden sollen: „Österreichische Gründer:innen müssen hier mitnaschen können. Sonst schauen wir erneut dabei zu, wie andere Länder an uns vorbeiziehen – mit besseren Regeln, mehr Kapital und größerem Selbstverständnis für unternehmerische Zukunftsgestaltung.“ 

KI-Start-ups behaupten sich – Effizienz statt Millionenrunden
Trotz des allgemeinen Rückgangs bei Finanzierungsvolumina konnten Start-ups mit Künstlicher Intelligenz (KI) im Fokus ihre Relevanz im österreichischen Start-up-Ökosystem behaupten. Fast jede vierte Finanzierungsrunde (24 %) betraf ein Start-up mit klarem KI-Schwerpunkt – insgesamt wurden 17 Runden in diesem Bereich registriert. Auch beim Kapital zeigt sich eine starke Präsenz: 42 Millionen Euro und damit 38 Prozent des gesamten Risikokapitals flossen an KI-Start-ups. Damit blieb der prozentuale Anteil gegenüber dem Vorjahr konstant – allerdings bei deutlich geringerer absoluter Summe (H1/2024: 117 Mio. Euro). 

Ein Hoffnungsträger bleibt das Thema KI damit vor allem auf strategischer Ebene. „KI verändert nicht nur Produkte, sondern das ganze Mindset: Wer heute gründet, denkt weniger in Finanzierungsrunden, sondern in Profitabilität und Effizienz“, erklärt Haas. „Viele der neuen Unternehmen sind radikal effizient, nutzen AI von Tag eins und brauchen schlicht weniger Kapital.“

Doch auch diese Start-ups bekommen aktuell kaum Zugang zu Wachstumskapital – obwohl viele von ihnen in puncto Umsatz, Teamstruktur und Produktivität neue Maßstäbe setzen. „Der KI-Boom bleibt präsent, aber in der Breite spiegelt er sich nur noch eingeschränkt in den Investmentzahlen wider. Die Technologie ist dabei, sich von einem Hype zur operativen Grundlage vieler Geschäftsmodelle zu entwickeln – begleitet von einem wachsenden Fokus auf Kapitaleffizienz statt Millionenrunden“, so Haas. 

Größte Finanzierungsrunden des Halbjahres gehen an Emmi AI und Easelink
Die größte Finanzierungsrunde im ersten Halbjahr 2025 sicherte sich das oberösterreichische KI-Start-up Emmi AI (15 Millionen Euro), gefolgt vom steirischen Unternehmen Easelink (11,5 Millionen Euro), das auf kabelloses Laden von E-Fahrzeugen spezialisiert ist. Auf den weiteren Plätzen folgen Quantum Industries (9,5 Millionen Euro) und chatlyn (8 Millionen Euro). Insgesamt stammen sieben der zehn größten Finanzierungsrunden von Start-ups mit Sitz in Wien – das unterstreicht die weiterhin starke Konzentration des Start-up-Geschehens auf die Bundeshauptstadt. Im Gegensatz zum Vorjahr, in dem mit Storyblok und Prewave noch zwei große Finanzierungen über 50 Millionen Euro gezählt wurden, blieb das erste Halbjahr 2025 in dieser Größenordnung ohne Abschluss. 

Wien bleibt Zentrum der Szene – aber im Langzeitvergleich auf Sparflamme
Das mit Abstand meiste Kapital konnten erneut Wiener Start-ups einwerben: Fast zwei von drei hierzulande in Start-ups investierte Euro (65 %) flossen im ersten Halbjahr 2025 an Wiener Jungunternehmen. Trotz des starken Rückgangs beim Gesamtfinanzierungsvolumen (minus 113 Millionen Euro) konnten die Hauptstadt-Start-ups ihren Marktanteil damit sogar deutlich von 61 auf 65 Prozent steigern. Der Standort Oberösterreich belegt mit einem Marktanteil von 18 Prozent und 20 Millionen Euro Rang zwei vor der Steiermark, deren Start-ups einen volumenbezogenen Marktanteil von zwölf Prozent und damit 13 Millionen Euro auf sich vereinigen. Anders als die Start-up-Szenen in Wien und Oberösterreich, die beide im Vergleich zur Vorjahresperiode erheblich weniger Investitionskapital einwerben konnten, konnten Start-ups aus der Steiermark deutlich mehr Kapital mobilisieren. 

Auch bei der Anzahl der Finanzierungsrunden liegt Wien mit 44 (entspricht 63 % aller Runden) klar an der Spitze und erzielt damit prozentual sogar einen etwas höheren Anteil als im Vorjahr mit 58 Prozent. Auf Rang zwei folgt die Steiermark, wo acht Finanzierungsrunden gezählt wurden, vor Tirol, dessen Start-ups es im bisherigen Jahresverlauf auf sieben Abschlüsse brachten. 

Software & Analytics weiter an der Spitze – mit Einbruch
Wie schon in den Vorjahren dominiert der Bereich Software & Analytics mit den meisten Finanzierungsrunden (21) und dem höchsten Kapitalvolumen (53 Millionen Euro). Dahinter folgen die Sektoren Energy und Health, wobei alle drei Bereiche deutliche Rückgänge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnen. In keinem Segment wurde eine Finanzierungsrunde über 20 Millionen Euro gezählt. 

Nachhaltigkeit rutscht zurück – Finanzierungsvolumen auf Tiefstand
Auch wenn das Interesse an nachhaltigen Geschäftsmodellen grundsätzlich anhält, ist das Finanzierungsvolumen für Start-ups mit Sustainability-Fokus im ersten Halbjahr 2025 auf einen neuen Tiefstand gefallen: Nur sieben Millionen Euro und damit nur sieben Prozent des Gesamtwertes wurden in entsprechende Unternehmen investiert – der niedrigste Wert im gesamten Untersuchungszeitraum seit 2022. Im Vergleich dazu war im zweiten Halbjahr 2024 mit 126 Millionen Euro noch ein absoluter Rekordwert verzeichnet worden, was einem Anteil von 46 Prozent am damaligen Gesamtvolumen entsprach. 

Immerhin blieb die Anzahl der Finanzierungsrunden mit Nachhaltigkeitsbezug mit zwölf Deals im aktuellen Halbjahr annähernd stabil – das entspricht jeder sechsten registrierten Runde. Doch während Themen wie Kreislaufwirtschaft, Klimaschutz und ökologische Transformation weiterhin auf vielen strategischen Roadmaps stehen, spiegelt sich dies aktuell kaum in der Kapitalvergabe wider. Nachhaltigkeit ist zwar inhaltlich präsent, beim Geldfluss aber zunehmend im Schatten anderer Wachstumsfelder wie KI.

EY im Überblick

EY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 1.500 Mitarbeiter:innen an fünf Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2023/2024 einen Umsatz von 229 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt über 400.000 Mitarbeiter:innen der internationalen EY-Organisation betreut EY Kund:innen überall auf der Welt.

Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at 

*Der Name EY bezieht sich in diesem Profil auf alle österreichischen Mitgliedsunternehmen von Ernst &Young Global Limited (EYG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Jedes EYG Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.

Kontakt

EY Bettina Loidhold

Bettina Loidhold
Comms & Engagement Lead | Brand, Marketing & Communications Austria
EY
Wagramer Str. 19
A-1220 Wien
Tel.: +43 1 211 70 4251
E-Mail: presse@at.ey.com

Susanne Hudelist
ikp Wien
Kirchengasse 7/18
A-1070 Wien
Tel.: +43 1 524 77 90 19
E-Mail: ey@ikp.at

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Florian Haas, EY Österreich
1 080 x 1 614 © EY/Robert Herbst