- Trotz eingetrübter Konjunktur: Fast zwei Drittel der heimischen Industriebetriebe rechnen mit einer stabilen Wirtschaftsentwicklung, nur jeder 25. geht von einer Verbesserung aus
- Knapp ein Drittel erwartet einen Umsatzrückgang
- Kosteneinsparungen, Effizienz- und Leistungssteigerungen bzw. Optimierung des Vertriebs sind wichtigste proaktive Strategien gegen Abschwung – Fokus auf Digitalisierungsprojekte
- Abbau von Überstunden die wichtigste reaktive Maßnahme (91 %) im Falle eines Abschwungs
Wien, 19. Dezember 2019. Die wirtschaftliche Gesamtlage in Europa beginnt sich einzutrüben. Nach einem Jahrzehnt geprägt von Wirtschaftsaufschwung zeichnen die Prognosen für die kommenden Jahre ein weniger vielversprechendes Bild: Das globale Wachstum fällt aktuell gemäß dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auf drei Prozent und damit auf das Niveau aus Zeiten der Finanzkrise zurück. In Deutschland greift der seit Anfang 2018 beobachtbare Abschwung von Industrieunternehmen – insbesondere im Automobilsektor – allmählich auch auf andere Branchen und Länder über. Auch für Österreich werden gemäß Institut für Höhere Studien Wien für das Jahr 2020 nur noch 1,3 Prozent Wirtschaftswachstum prognostiziert.
Wie schätzen Österreichs Industrieunternehmen die Wirtschaftsentwicklung und ihre eigene Auftragslage ein? Sind heimische Betriebe ausreichend für wirtschaftlich herausfordernde Zeiten gerüstet? Auf welche Strategien setzten sie dabei? Diesen Fragen ist Contrast EY Parthenon, die Strategieberatungsmarke der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY, in der Studie „Managing the Downturn“ nachgegangen. Dafür wurden 100 Entscheidungsträger österreichischer Industrieunternehmen befragt.
Großteil der Industrieunternehmen unterschätzt den drohenden AbschwungAktuell nehmen rund zwei Drittel (62 %) der befragten Industrieunternehmen an, dass die wirtschaftliche Lage Österreichs in den nächsten zwölf Monaten stabil bleibt. Gleichzeitig gehen aber auch nur vier Prozent von einer Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Lage aus. Immerhin jeder Dritte (34 %) rechnet mit einer Verschlechterung. Besonders Unternehmen im Metall-, Stahl- und Maschinenbau schätzen die Lage ernster ein. „Österreichs Industrieunternehmen sehen einem drohenden Wirtschaftsabschwung sehr gelassen entgegen. Auf der einen Seite ist es die richtige Einstellung, sein Unternehmen mit ruhiger Hand durch stürmischere Zeiten zu lenken. Auf der anderen Seite darf die Gelassenheit aber nicht in Sorglosigkeit kippen. Auch wenn der Ausbruch einer neuen Wirtschaftskrise momentan nur ein mögliches Szenario ist, stehen die Zeichen klar auf einem Ende der Hochkonjunktur. Das erklärt auch, warum gerade die exportorientierten Industrieunternehmen pessimistischer sind – ihr Seismograph schlägt schneller aus, wenn die Weltwirtschaft in Schieflage gerät“, erklärt Johannes Schneider, Managing Director bei Contrast EY Parthenon.
Industrieunternehmen erwarten stabile Entwicklung der Auftragslage Obwohl nur jedes 25. heimische Industrieunternehmen von einer Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Lage ausgeht, schätzen die Unternehmen die Entwicklung der eigenen Auftragslage im kommenden Jahr deutlich optimistischer ein: 29 Prozent erwarten eine Verbesserung. „Wir führen dieses Ergebnis darauf zurück, dass sich diese Gruppe besser auf einen Abschwung vorbereitet fühlt und diesen Vorsprung als Wettbewerbsvorteil wertet“, so Klaus Haberfehlner, Partner bei EY Österreich. Insgesamt gehen 52 Prozent der Befragten von einer stabilen Entwicklung der Auftragslage aus, nur 19 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung.
Bei der eigenen Umsatzentwicklung sind Industrieunternehmen in Österreich skeptischer: Ein Drittel (32 %) rechnet mit einem Rückgang – deutlich mehr als von einem Abschwung der heimischen Wirtschaft ausgeht. Allerdings schätzen immerhin zwei Drittel (68 %), dass ihre Umsätze stabil bleiben. Jene Befragten, die bereits jetzt einen Rückgang für das eigene Unternehmen erwarten (32 %), leiden bereits unter einer rückläufigen Auftragslage (38 %) oder vermuten einen Abschwung in den nächsten zwölf Monaten (34 %).
Kosteneinsparungen, Effizienz- und Leistungssteigerungen bzw. Optimierung des Vertriebs sind wichtigste proaktive Strategien gegen Abschwung – Fokus auf Digitalisierungsprojekte Knapp drei Viertel der befragten Unternehmen (74 %) fühlen sich noch nicht ausreichend auf einen potenziellen Abschwung vorbereitet – nur 26 Prozent sind der Meinung, bereits sehr gut vorbereitet zu sein. Als proaktive Maßnahmen würden Österreichs Industriebetriebe die Reduktion von Sachkosten, Schritte zur Effizienzsteigerung wie Umsetzung digitaler Initiativen oder Leistungssteigerung sowie die Optimierung von Vertriebsaktivitäten zur Umsatzsteigerung in Erwägung ziehen. „Wir raten allerdings zur Vorsicht. Unternehmen scheinen in erster Linie auf Werkzeuge zurückzugreifen, bei deren Einsatz sie über entsprechende Routine verfügen. Allerdings zeichnen krisensichere Betriebe vor allem eine frühzeitige Reaktion und proaktives Handeln aus. Sie verfolgen eine ganzheitliche und langfristige Perspektive und betreiben keine reinen Kostenreduktionen zu Lasten künftiger Wachstumsperspektiven. Deshalb ist es auch besonders erfreulich, dass weiterhin in die Digitalisierung investiert wird, um so die Effizienz weiter zu steigern“, so Schneider.
Abbau von Überstunden als wichtigste reaktive MaßnahmeIm Bereich der beliebtesten reaktiven Maßnahmen gegen den möglichen Abschwung steht Operatives vor Grundsätzlichem. Der Abbau von Überstunden käme für 91 Prozent der befragten Unternehmen als Maßnahme in Frage und führt das Ranking der drei wichtigsten reaktiven Maßnahmen an. Es folgen Einstellungsstopp bzw. Nichtnachbesetzung freiwerdender Stellen (84 %) sowie die Überarbeitung von Prozessschritten (81 %). Handlungen, die eher ein fundamentales Hinterfragen der Organisation bedingen, werden – mit Ausnahme der Überarbeitung von Prozessschritten – nur von etwa einem Drittel der Unternehmen genannt. „Ähnlich wie bei den proaktiven Maßnahmen ist auch die Reihung der reaktiven Maßnahmen vergleichsweise unabhängig von der Erwartung und dem Vorbereitungsgrad auf einen möglichen Abschwung. Auffällig ist jedoch, dass Unternehmen, die mit einem Abschwung rechnen, im konkreten Fall auch mit einem umfassenderen Bündel an Maßnahmen reagieren würden als Unternehmen, die nicht mit einem Abschwung rechnen“, fasst Roman Wörner, Senior Manager bei Contrast EY Parthenon zusammen.
Digitalisierung soll Personaleinsatz optimieren – Robotics wird größtes Potenzial zugeschriebenVier von fünf Unternehmen (80 %) erwarten durch den Einsatz von Technologien eine Optimierung des Personaleinsatzes. Besonderes große Unternehmen mit über 200 Mio. Euro Umsatz und mittelgroße Unternehmen mit 51 bis 200 Mio. Euro Umsatz sind diesbezüglich besonders zuversichtlich. Kleinunternehmen mit bis zu 50 Mio. Euro Umsatz sind davon weniger überzeugt. Klaus Haberfehlner erklärt dieses Ergebnis so: „Vor allem kleine Unternehmen sehen einen geringeren Effekt – insgesamt ist hier das umsetzbare Potenzial hinsichtlich Technologieeinsatz deutlich kleiner“.
Die Digitalisierung verändert Branchen, Geschäftsmodelle und Strategien grundlegend – vor allem die Industrie. Besonders Robotics (78 %), Machine Learning (63 %) und Internet of Things (58 %) werden von den befragten Industrieverantwortlichen als Technologien mit hohem Veränderungspotenzial eingeschätzt. Weniger einflussreich wird hingegen die Blockchain-Technologie gesehen, die nur auf Platz Sechs (47 %) rangiert. Dieser Abwärtstrend hinsichtlich Blockchain ist auch in anderen Branchen beobachtbar – beispielsweise der Energiebranche. Im Rahmen der EY-Stadtwerkestudie haben sich 2018 noch zwei Drittel (68 %) der befragten Energieversorgungs-unternehmen für die hohe Relevanz von Blockchain ausgesprochen, 2019 war es nur mehr jeder Dritte (35 %). „Das hängt vor allem damit zusammen, dass der Hype um Blockchain nachgelassen hat und Unternehmen das Potenzial in ihrer Branche nun besser einordnen können. In anderen Wirtschaftszweigen wie beispielsweise im Bankwesen oder im Bereich Logistik ist dafür deutlich mehr rauszuholen – hier gibt es auch bereits viele erfolgreiche Projekte“, so Haberfehlner. „Unternehmen müssen nun umsichtig und vor allem rechtzeitig von einem Wachstums- auf einen Krisenmodus umstellen. Wichtig ist dabei, dass über viele Jahre kultivierte Potenziale nicht zerstört werden. So müssen sie beispielsweise bereits gut vorangeschrittene Digitalisierungsprojekte weiter vorantreiben – nur dann sind auch wirtschaftlich herausfordernde Zeiten gut bewältigbar. Sind Unternehmen aktuell noch nicht vom Abschwung betroffen, empfehlen wir regelmäßige Bewertungen der Lage und Beobachtung von Frühindikatoren“, ergänzt Schneider abschließend.
EY im ÜberblickEY* ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsorganisationen in Österreich. Das Unternehmen beschäftigt über 1.049 Mitarbeiter an vier Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2018/2019 einen Umsatz von 160 Millionen Euro. Gemeinsam mit den insgesamt über 284.000 Mitarbeitern der internationalen EY-Organisation betreut EY Kunden überall auf der Welt.EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung sowie Transaktionsberatung und Managementberatung. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com/at *Der Name EY bezieht sich in diesem Profil auf alle österreichischen Mitgliedsunternehmen von Ernst &Young Global Limited (EYG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Jedes EYG Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.